Weltmissionssonntag 2015 – Begeisterung und Engagement

Missionsmonat Kampagnenbild

Mission ist Leidenschaft für Jesus Christus und gleichzeitig Leidenschaft für die Menschen», schreibt Papst Franziskus in seiner Botschaft zum Weltmissionssonntag 2015.1 Wie versteht Papst Franziskus den Weltmissionssonntag, und was möchte er den Gläubigen mit seinen jährlichen Botschaften besonders mitgeben? Einige Ausschnitte aus den Botschaften zum Weltmissionssonntag der letzten Jahre – zusammen mit den Ansprachen an die Nationaldirektoren und -direktorinnen der Päpstlichen Missionswerke – können dies verdeutlichen.2

Seine erste Ansprache an die Missio-Direktoren (17. Mai 2013) und die erste Botschaft zum Weltmissionssonntag 2013 gehören in die Zeit vor der Publikation von «Evangelii Gaudium», spuren aber bereits den Weg zum «Apostolischen Schreiben über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute» vor. Schon hier werden zentrale Schlüsselbegriffe genannt, die charakteristisch für Papst Franziskus und «Evangelii Gaudium» sind. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die weiteren Ansprachen und Botschaften. Die erste Ansprache trägt deutlich den Stil freier Rede und ist, wie die folgenden beiden, vor den ca. 120 Missio-Direktoren gehalten. Die Botschaften zum Weltmissionssonntag richten sich an alle Gläubigen und greifen stark das Leben der Universalkirche auf. Die Botschaft 2013 wird explizit im «Jahr des Glaubens» verankert und die Botschaft 2015 im «Jahr des gottgeweihten Lebens» situiert, in der er zugleich an den 50. Jahrestag des Konzilsdekretes «Ad Gentes» erinnert. In der Botschaft des letzten Jahres greift Papst Franziskus das Evangelium von der Aussendung der 72 Jünger (Lk 10,21–23) auf und legt das Thema «Freude » aus, in enger Anbindung an «Evangelii Gaudium». Keine der Botschaften trägt einen Titel: Ihr «Titel» ist der Weltmissionssonntag.

«Was mir am Herzen liegt»

«Ich möchte euch sagen, dass ihr mir besonders am Herzen liegt», beginnt Papst Franziskus seine erste Rede an die Missio-Direktoren, «denn ihr unterstützt mich darin, die Aktivität der Evangelisierung, Paradigma jedes Werkes der Kirche, immer lebendig zu halten. Das Missionarische ist Paradigma jedes Werkes der Kirche: es ist eine paradigmatische Haltung» (Ansprache 2013, 1). Gleich zum Auftakt fallen zwei Stichworte, die dem Papst unbeschwert oft über die Lippen kommen und ihm ein Herzensanliegen sind: Evangelisierung und Mission. Sie sind Auftrag und Herausforderung, Provokation, nicht nur für die Missio-Direktoren, sondern für alle Gläubigen. Dass Mission nicht Programm ist, sondern Paradigma für alles Handeln der Kirche, kommt immer wieder vor und wird in EG, 15 deutlich formuliert.3

Schlüsselbegriffe Evangelisierung und Mission

Was meint der Papst damit, wenn er sein Herzensanliegen mit den Missio-Direktoren teilt? Franziskus erklärt schlicht, dass das Evangelium den Männern und Frauen, denen Christus nicht bekannt ist, auf neue Weise verkündet werden muss. Den Glauben, den wir erhalten haben, müssen wir weitergeben, denn er ist nicht Glaube für uns. Es ist der Auftrag, «Christus vor den Völkern zu bezeugen » (Dekret Ad Gentes, 37). Die Kraft dafür kommt von Gott. Adressaten sind dabei vor allem die Armen, Ausgegrenzten und Fernstehenden, die an den «Randgebieten» (Botschaft 2013, 1; EG 20; Botschaft 2014), an den «Peripherien» (Botschaft 2014).4 Papst Franziskus geht radikal noch einen Schritt weiter, denn «die Evangelisierung (…) muss (…) bei den Letzten, bei den Armen (…) beginnen, bei jenen, deren Rücken gebeugt ist unter der Last und der Mühe des Lebens» (Botschaft 2014).5

Die Verkündigung des Evangeliums, die Evangelisierung, ist nicht das Spezialgebiet einiger weniger oder zeitlich begrenzt, denn sie «ist für jeden Christen, für die ganze Kirche, nicht eine fakultative Sendung, (…) sondern sie ist grundlegend» (Ansprache 2013). Es ist immer ein Handeln der Kirche, nichts Isoliertes: «Man kann Christus nicht ohne die Kirche verkünden» (Botschaft 2013, 3). Die Verkündigung des Evangeliums in einer Zeit, in der «bedrohliche Wolken» aufziehen, ist «noch dringlicher (…), denn es ist eine Verkündigung der Hoffnung, der Aussöhnung, der Gemeinschaft, eine Verkündigung der Nähe Gottes und seiner Barmherzigkeit, seines Heils» (Botschaft 2013, 4). Den Menschen unserer Zeit soll durch das Lebenszeugnis der Gläubigen ein Licht zur Orientierung gegeben werden.

Kirche ist keine NGO

Wiederholt und in aller Deutlichkeit bringt Papst Franziskus zum Ausdruck, dass die Kirche nicht einfach eine Nichtregierungsorganisation ist: «Die Kirche – ich wiederhole es noch einmal – ist keine Hilfsorganisation, kein Unternehmen, keine NGO, sondern eine Gemeinschaft von Menschen, die vom Wirken des Heiligen Geistes bewegt sind, die staunend die Begegnung mit Christus erlebt haben und erleben und die den Wunsch haben, diese Erfahrung der tiefen Freude mit anderen zu teilen und die Botschaft des Heils, das der Herr uns geschenkt hat, weiterzugeben» (Botschaft 2013, 4).

Weil ihm diese Unterscheidung ein so grosses Anliegen ist – und es offensichtlich Handlungsbedarf diesbezüglich gibt –, wiederholt sie Papst Franziskus in seiner Ansprache 2015: «Gebt bitte acht, nicht in die Versuchung zu geraten, zu einer NGO zu werden, zu einem Verteileramt für ordentliche und ausserordentliche Hilfen. Das Geld hilft – das wissen wir! –, aber es kann auch zum Ruin der Mission werden (…). Bitte nehmt durch die vielen Pläne und Programme Christus nicht aus dem Missionswerk heraus: Es ist sein Werk.»

Aufgaben der Nationaldirektoren

Der Papst legt den Missio-Direktoren ans Herz, immer die Gesamtkirche im Blick zu haben und «alle Christen von Kindheit an zu einem wahrhaft universalen und missionarischen Geist zu erziehen und sie zur tatkräftigen Unterstützung der Missionen gemäss den jeweiligen Bedürfnissen anzueifern » (Ansprache 2013, 3).6

In geradezu prophetischer Weise ruft er die Nationaldirektoren auf: «Es ist eure Aufgabe, euch dafür einzusetzen, dass die kirchlichen Gemeinschaften die Armen mit besonderer Liebe annehmen und die Türen der Kirche offenhalten, damit alle dort eintreten und Zuflucht finden können» (Botschaft 2014). Dieser Aufruf, den Papst Franziskus vor kurzem erst wiederholt hat, ist nicht ohne Echo verhallt!

Bitte um tatkräftige Hilfe

Der päpstliche Aufruf, die Gesamtkirche nicht aus dem Blick zu verlieren, mündet in den Aufruf zur materiellen Unterstützung: «In dieser Hinsicht lade ich euch zu einer besonderen Aufmerksamkeit für die jungen Kirchen ein, die nicht selten in einem Klima der Schwierigkeiten, der Diskriminierung und auch der Verfolgung wirken, damit ihnen mit Wort und Tat geholfen wird, das Evangelium zu bezeugen » (Ansprache 2013, 3). Auch die Botschaft 2014 ruft die Verbindung der Unterstützung der jungen Kirchen in Wort und Tat in Erinnerung: «Der Weltmissionssonntag bietet den Gläubigen auf den verschiedenen Kontinenten eine besondere Gelegenheit, durch das Gebet und konkrete Gesten der Solidarität junge Kirchen in den Missionsländern zu unterstützen» (Botschaft 2014).

Immer wieder geht es um zwei Dimensionen, die untrennbar miteinander verbunden sind: die Suche nach der persönlichen Begegnung mit Christus und die Suche nach den Ärmsten, den Entferntesten, denen am Rand: «Die Freude des Evangeliums rührt aus der Begegnung mit Christus her und aus dem Teilen mit den Armen» (Botschaft 2014, 4).

Missio Schweiz gibt diese Anliegen des Papstes weiter und stellt den Monat der Weltmission 2015 unter das Leitwort «Begeistert von Christus, engagiert für die Menschen».

Siegfried Ostermann, Missio

 

 

1 Der Weltmissionssonntag wird in diesem Jahr am 18. Oktober gefeiert. Die Materialien zur Vorbereitung und für die Liturgie stehen unter www.missio.ch zum Download zur Verfügung.

2 Die Ansprachen an die Nationaldirektoren und -direktorinnen der Päpstlichen Missionswerke (kurz: Missio-Direktoren) sowie die Botschaften zum Weltmissionssonntag finden sich auf www.vatican.va.

3 Die Botschaft 2013, 2 wiederholt diesen Aufruf. In der Botschaft 2014 und Ansprache 2015 wird EG 15 zitiert, «dass das missionarische Handeln das Paradigma für alles Wirken der Kirche ist».

4 «Und in besonderer Weise wird von gottgeweihten Personen verlangt, dass sie die Stimme des Geistes hören, der sie dazu aufruft, an die grossen Peripherien der Mission zu gehen, zu den Völkern, bei denen das Evangelium noch nicht angekommen ist» (Botschaft 2015).

5 «‹Wen soll die Verkündigung des Evangeliums bevorzugen?› Die Antwort ist klar, und wir finden sie im Evangelium selbst: es sind die Armen, die Kleinen, die Kranken, diejenigen, die oft verachtet und vergessen werden, diejenigen, die es nicht vergelten können (vgl. Lk 14,13–14)» (Botschaft 2015).

6 In ähnlicher Weise formuliert er in seiner Ansprache 2014, wo es heisst, dass die Missio-Direktoren «das missionarische Bewusstsein der Ortskirchen fördern und formen» sollen.

Siegfried Ostermann

Siegfried Ostermann

Siegfried Ostermann ist zuständig für die PR Bereich Weltkirche bei Missio, dem internationalen Missionswerk in Freiburg.