«Weit mehr als nur eine Inkassostelle zur Finanzierung kirchlicher Werke»

Die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz nutzte die letzte Plenarversammlung im Jahr 2014 vom 28./29. November zu einer engagierten Grundsatzdebatte über ihre Identität und ihre Kernaufgaben. Darüber hinaus genehmigte sie Beiträge an gesamtschweizerische und sprachregionale Einrichtungen der katholischen Kirche in der Höhe von rund 7 Millionen Franken. Und sie beauftragte das Präsidium, mit der Schweizer Bischofskonferenz nicht nur Finanzfragen zu regeln. Angestrebt wird eine verbindliche Regelung der Zusammenarbeit auf institutioneller Ebene und bei Themen, welche die Stellung der Kirche in der Gesellschaft betreffen.

Eingeleitet wurde die Grundsatzdiskussion durch eine Präsentation der Sicht des Präsidiums der RKZ betreffend ihre Weiterentwicklung. Im Zentrum stehen zwei Ziele: 1. Die Anerkennung der Stellung der RKZ innerhalb der katholischen Kirche in der Schweiz; 2. Strukturen sowie personelle und finanzielle Mittel, die den Aufgaben als Dachverband der kantonalkirchlichen Organisationen entsprechen.

«Das Erwecken des Anscheins einer gespaltenen Kirche ist unnötig und gefährlich»

Iwan Rickenbacher, national bekannter Politik- und Kommunikationsexperte, betonte in seinem Kurzreferat, die RKZ sei «weit mehr als nur eine Inkassostelle zur Finanzierung kirchlicher Werke». Die Zentralkonferenz und ihre Mitglieder seien «Orte des christlichen Engagements von Katholikinnen und Katholiken». Zudem sei die RKZ «wichtiges Kompetenzzentrum für Fragen, welche das Verhältnis von Kirche und Staat betreffen» und eine «Solidargemeinschaft».

Er empfahl der RKZ, im Aufbau der Zusammenarbeit mit der Bischofskonferenz «eine neue Kultur des Dialogs und der Differenzbereinigung im Respekt voreinander zu entwickeln. Das Erwecken des Anscheins einer gespaltenen Kirche ist unnötig und gefährlich.» Im Bereich der Finanzierung pastoraler Aufgaben solle die RKZ «anstreben, in der Entwicklung der Kriterien für Finanzierungen, im Controlling der Investitionen und in der transparenten Berichterstattung unter allen Non-Profit-Organisationen zu den besten zu gehören». Bei der Aufstellung der Gremien und bei der Organisation ihrer Arbeit soll das Hauptziel darin bestehen, «Felder von Mitwirkung zu öffnen». Nach aussen brauche die Zentralkonferenz in der heutigen Medienwelt «Identifikationsträger». Abschliessend sagte Iwan Rickenbacher mit Verweis auf ein Wort von Papst Franziskus: «Jeder Christ, jeder von uns, ist dazu berufen, das Wort Gottes aufzunehmen, Jesus in sich aufzunehmen und ihn dann zu allen zu bringen. An diesem Anspruch sollten wir unser Tun messen.»

In der anschliessenden Diskussion erhielten die Vorschläge des Präsidiums und die Empfehlungen von Iwan Rickenbacher viel Zustimmung. Ergänzend wurde der Wunsch geäussert, die RKZ möge die kantonalkirchlichen Organisationen im Dialog mit dem jeweiligen Bistum aktiver unterstützen. Denn die diözesane Ebene sei oft entscheidender, weil viele Beschlüsse der SBK für die einzelnen Bistümer nicht verbindlich sind. Zudem solle die Frage der gesellschaftspolitischen Positionierung der RKZ vertieft diskutiert werden: Soll sie sich vermehrt einbringen? Wenn ja: Zu welchen Themen und in welcher Art? Betont wurde auch, dass Finanzierungsfragen weiterhin eine hohe Priorität hätten. Und schliesslich wurde gefragt, ob die 2,8 Stellen im Generalsekretariat nicht schon für die derzeitigen Aufgaben sehr knapp bemessen seien.

Mitfinanzierungsbeschlüsse für 2015: 8,25 Millionen Franken für gut 40 Institutionen

Wie immer hatten die Delegierten über die Anträge der Mitfinanzierungsgremien für die Beiträge zu Gunsten pastoraler Aufgaben der Kirche im Jahr 2015 zu befinden. Die RKZ stellt dafür 7 733 000 Franken zur Verfügung, Fastenopfer 1 300 000 Franken.

Die Beschlüsse berücksichtigen erstmals die Reorganisationen in den Bereichen der kirchlichen Medien- und Bildungsarbeit auf sprachregionaler Ebene. Neu bestehen dafür sprachregionale Kompetenzzentren. Die Folgen sind eine Bündelung der Kräfte und eine Reduktion der Zahl der unterstützten Einrichtungen (vgl. Separat 2). Rund 75 Prozent aller Mitfinanzierungsbeiträge kommen somit im kommenden Jahr den neun grössten Beitragsempfängern zugute.

«Nur Partner, die ernst genommen werden, erreichen ein gemeinsam gestecktes Ziel»

Für die künftige Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und der RKZ lag den Delegierten ein Vorschlag für einen neuen Mitfinanzierungsvertrag vor, der einhellige Zustimmung erhielt. Ebenfalls zugstimmt wurde einem Vorschlag zur Vereinfachung der Finanzflüsse.

Bezüglich einer verbindlichen Regelung der Zusammenarbeit zwischen SBK und RKZ auf institutioneller Ebene und bei Themen, welche die Stellung der Kirche in der Gesellschaft betreffen, nahmen die Delegierten mit Befriedigung zur Kenntnis, dass die Schweizer Bischöfe ebenfalls gewillt sind, sich dieser Frage anzunehmen.

Die Regelung dieser Fragen und der Aufbau von Strukturen, innerhalb derer diese Zusammenarbeit in finanziellen und inhaltlichen Fragen stattfinden kann, wird im kommenden Jahr einer der Arbeitsschwerpunkte für die RKZ sein. Zum Geist, in dem diese Fragen geklärt werden sollen, sagte RKZ-Präsident Hans Wüst: «Gemeinsame Verantwortung für die Finanzierung pastoraler Aufgaben auf schweizerischer Ebene verlangt einen Umgang auf Augenhöhe; auch wenn klar ist, dass die pastoralen Prioritäten durch die SBK bestimmt werden. Nur Partner, die ernst genommen werden, erreichen ein gemeinsam gestecktes Ziel. Wir vertrauen darauf, dass die SBK diesen gemeinsamen Weg auch will.»

Zürich, 3. Dezember 2014

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Separat 1

An den Schluss seines Referates stellte Iwan Rickenbacher eine Bemerkung über die duale Organisation der katholischen Kirche. Er sagte: «Gelegentlich wird der Eindruck erweckt, die duale Organisation der Kirche in der Schweiz sei eine föderale Kuriosität in der direktdemokratischen Alpenrepublik und in der Weltkirche fehl am Platz. Wer genau hinschaut, kann feststellen, dass die Kirche, überall wo sie wirklich lebt, auf verschiedenen Schultern ruht, neben den kirchlichen Diensten im engeren Sinn auf religiösen Vereinigungen, auf Unterstützungsgruppen, auf Laienorganisationen, Bruderschaften usw. In der Schweiz haben sich engagierte Menschen zunächst in örtlichen, dann in kantonalkirchlichen Organisationen zusammengefunden, um neben jenen Menschen, die sich in der pastoralen Aufgabe im engeren Sinn engagieren, ihren Beitrag zur lebendigen Kirche zu leisten.

Dass sie sich in der Organisation an jenen Regeln orientierten, die das Zusammenleben in der staatlichen Gemeinschaft respektvoll und friedlich ermöglichen, ist naheliegend. Die Zufriedenheit der Schweizerinnen und Schweizer mit ihren selbstgestalteten Institutionen gehört zu den höchsten in der Welt. Die dual aufgestellte Kirche ist darum unsere Art, uns freiwillig und eh-renamtlich für die gute Sache einzusetzen. Papst Franziskus sagte in einer seiner Ansprachen: ‹Jeder Christ, jeder von uns, ist dazu berufen, das Wort Gottes aufzunehmen, Jesus in sich aufzunehmen und ihn dann zu allen zu bringen.› An diesem Anspruch sollten wir unser Tun messen.»

 

Separat 2

Mitfinanzierungsbeiträge von Fastenopfer und RKZ von über 200 000 Franken:

Schweizer Bischofskonferenz: 2 125 000 Franken; Cath-Info, Medienarbeit in der Romandie 1 035 000 Franken; Katholisches Medienzentrum für die Deutschschweiz: 1 035 000 Franken; Theologisch-Pastorales Bildungsinstitut der deutschschweizerischen Bistümer:* 535 000 Franken; Centre catholique romand de formations en Eglise: 500 000 Franken; Schweizerisches Pastoralsoziologisches Institut: 475 000 Franken; Bundesleitung Jungwacht-Blauring: 270 000 Franken; ComEc, Medienarbeit in der italienischsprachigen Schweiz 230 000 Fran ken; Schweizerischer Katholischer Frauenbund: 200 000 Franken.

* Ein Teil der Beiträge kommt 2015 letztmals dem IFOK und theologiekurse.ch zugute.

 

Separat 3

Votum von RKZ-Präsident Hans Wüst zur Zusammenarbeit RKZ-SBK:

«Wir sind uns bewusst, dass die kommenden Verhandlungen mit der SBK anspruchsvoll werden. Hartnäckigkeit und Ausdauer sind gefragt. Wir sind zuversichtlich, auch wenn einzelne Exponenten diesen Prozess immer wieder durch negative Verlautbarungen über die Arbeit staatskirchenrechtlicher Organisationen stören. Wir lassen uns nicht entmutigen. Gemeinsame Verantwortung für die Finanzierung pastoraler Aufgaben auf schweizerischer Ebene verlangt einen Umgang auf Augenhöhe; auch wenn klar ist, dass die pastoralen Prioritäten durch die SBK bestimmt werden. Nur Partner, die ernst genommen werden, erreichen ein gemeinsam gestecktes Ziel.

Wir vertrauen darauf, dass die SBK diesen gemeinsamen Weg auch will und sich bereit erklärt, die Zusammenarbeit partnerschaftlich unter Respektierung der je eigenen Zuständigkeiten zu gestalten. Die gegenseitigen Beziehungen müssen konkreter, verbindlicher, transparenter und auch mit mehr Vertrauen begleitet sein. Nur so wird es möglich, den künftigen Herausforderungen der Kirche – nicht allein der finanziellen – gerecht zu werden.

Eine neue Zusammenarbeitsvereinbarung, die von Respekt, Vertrauen, Offenheit und Partnerschaft geprägt ist, wird uns auch in Zukunft besser ermöglichen, die notwendigen Finanzierungen auf schweizerischer Ebene sicherzustellen.

Daniel Kosch

Daniel Kosch

Dr. theol. Daniel Kosch (1958) ist seit 2001 Generalsekretär der Römisch- Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz. Zuvor leitete er während rund 10 Jahren die Bibelpastorale Arbeitsstelle des Schweizerischen Katholischen Bibelwerks. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Kirchenfinanzierung, Kirchenmanagement und Staatskirchenrecht.