Vademecum fürs «Vademecum»

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Der Medienhype ums «Vademecum für die Zusammenarbeit von katholischer Kirche und staatskirchenrechtlichen Körperschaften in der Schweiz» vor eineinhalb Wochen erfordert einen Blick zurück: Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) verabschiedete diese Empfehlungen der Fachkommission «Kirche und Staat in der Schweiz» vom Dezember 2012 bereits Anfang März 2013. Weder das Präsidium noch das Sekretariat kommunizierten diese Verabschiedung und den Inhalt dieser Empfehlungen, was zwei Mitgliedern der Kommission den Freiraum bot, mit der Veröffentlichung dieser Empfehlungen und einer entsprechenden Auslegung dieses Papier für ihre eigenen kirchenpolitischen Absichten zu instrumentalisieren. Der Präsident der SBK sah sich gezwungen, umgehend eine «Klarstellung» zu veröffentlichen (siehe im Amtlichen Teil), um die Empfehlungen richtig zu situieren, sich für die «unglückliche» Kommunikation zu entschuldigen und weiteren Irritationen vorzubeugen. Auffallend ist, dass in diesem Prozess, der die staatskirchenrechtlichen Gremien in der Schweiz direkt betrifft, offenbar diese nie offiziell begrüsst worden sind, obwohl das Papier ja Abmachungen fordert, die die bereits bestehende Zusammenarbeit zwischen den Bischöfen und diesen Gremien in partnerschaftlichen Übereinkommen genauer festlegen sollen.

Nun aber zum Inhalt dieses Dokuments, dessen Titel bewusst unbestimmt gehalten ist und das sich als Veröffentlichung einer Fachkommission sowieso auf niedrigerer Stufe bewegt. Es soll, wie Bischof Markus Büchel betont, nicht mehr sein als eine Diskussionsgrundlage, also keine k irchliche Vorschrift (die im Übrigen von den Bischöfen in diesen res mixtae auch nicht erlassen werden könnte). Diese Diskussion wird sich nach zwei Seiten hin entfalten müssen; denn seit der Tagung 2008 in Lugano beschäftigt sich auch eine römisch-schweizerische Kommission mit diesen Fragen. Mit der Zustimmung der SBK zum «Vademecum» sagen alle Schweizer Bischöfe Ja zu den staatskirchenrechtlichen Organisationen und halten fest, dass Kirchensteuergelder kein Kirchenvermögen sind, was impliziert, dass die Bischöfe nicht darüber zu bestimmen haben, auch wenn diese Gelder im Sinne der Kirche verwendet werden müssen. Zweitens sind die Bischöfe für einen pragmatischen Lösungsansatz (siehe Titel 1.3.) in ihrem Verhältnis zu den staatskirchenrechtlichen Gremien, die, wie die Bischöfe zurecht feststellen, einen auxiliaren Auftrag zu Gunsten der Kirche haben. Richtig ist auch der Wunsch nach Verlässlichkeit. Das gilt aber auch reziprok, auch die Bischöfe selbst müssen diese Forderung einlösen. Durchaus richtig sind auch die Ausführungen zur Terminologie, wobei zu berücksichtigen ist, dass viele Begriffe, die im kirchlichen etwas anderes bedeuten als im staatskirchenrechtlichen oder politischen Bereich, bereits lange gebraucht werden und oftmals gesetzlich vorgeschrieben sind. Etwas abstrakt ist der Streit um Pfarrwahl und Wiederwahl: Erstens ist heute eine Auswahl nicht mehr möglich, zweitens ist der Bischof, von dem die Ernennung kommen muss, daran notwendig mitbeteiligt, und drittens ist die wichtige Frage um die «Missio canonica» etwa im Kanton Zürich schon vorbildlich geregelt, sodass die Kirche die notwendigen Freiheiten im personellen Bereich «trotz» Pfarrwahl oder Wiederwahl meistens schon hat, aber diese nicht immer formell korrekt anwendet.

Nun kann das folgen, was eigentlich ziemlich am Anfang hätte stehen müssen und den Sturm im Wasserglas vermieden hätte: das Gespräch zwischen den Bischöfen und den staatskirchenrechtlichen Organen – hoffentlich ohne Sperrfeuer von Einzelnen aus der nun aufgehobenen bischöflichen Kommission.

 

 

 

 

Urban Fink-Wagner

Urban Fink-Wagner

Der Historiker und promovierte Theologe Urban Fink-Wagner, 2004 bis 2016 Redaktionsleiter der SKZ, ist Geschäftsführer der Inländischen Mission.