Unermüdlich für Christus und die Kirche

Am 8. Mai könnte Petrus Canisius seinen 500. Geburtstag feiern. In der Schweiz ist der Theologe und Schriftsteller besonders durch sein Wirken in Freiburg bekannt.

Petrus Canisius SJ (1521–1597) setzte sich als Theologe und Schriftsteller für die Gegenreformation ein. (Bild: Wikipedia)

 

Obwohl Petrus Canisius nicht zu der Gründergeneration gehört, ist er eine der eindrucksvollsten Figuren der Anfänge der Gesellschaft Jesu. Im Gegensatz zu anderen Mitbrüdern ist Canisius kein Spezialist auf irgendeinem Gebiet. Weniger brillanter Theologe als Laínez und Salmerón, lehrte er dennoch an den Universitäten Ingolstadt und Wien, wurde zweimal zum Konzil von Trient eingeladen und hat an allen Kolloquien und Reichstagen seiner Zeit teilgenommen. Obwohl als Missionar weniger bekannt als der heilige Franz Xaver, reiste er fast 100'000 Kilometer kreuz und quer durch Europa, von Messina bis Warschau und Prag, von Wien bis Köln und Strassburg, um Christus zu verkünden und den katholischen Glauben zu verteidigen. Als Berater wurde er gesucht und angehört von allen, denen das Schicksal der Kirche in Deutschland am Herzen lag: Kaiser, Könige, Fürsten, Papst, Kardinäle, Nuntien, Ordensobere. Canisius hat den deutschen Katholizismus nachhaltig geprägt. Sein Einfluss auf die Religionspolitik des Reiches war so entscheidend, dass ein bekannter Historiker der Gesellschaft Jesu geschrieben hat: « In keinem anderen Teil Europas, in dem die Gesellschaft Jesu Fuss fasste, verdankte sie ihren Erfolg und ihre Identität so sehr einer Einzelperson wie im Falle von Canisius und dem Deutschen Reich. In keinem anderen Teil Europas spielte die Gesellschaft, insbesondere in der Person von Canisius, so früh eine solche Schlüsselrolle bei der Prägung des modernen Katholizismus.»1  

Eifriger Reformer und Seelsorger

Petrus Canisius wurde am 8. Mai 1521 in Nijmegen (NL) geboren. Sein Vater, Jakob Kanis, ein reicher Kaufmann, war ein überzeugter Anhänger von Kaiser Karl V. und neunmal wiedergewählter Bürgermeister der Stadt. Canisius studierte Literatur in Köln, Jura in Löwen und Theologie in Köln, wo er sich zusammen mit einflussreichen Priestern und den Kartäusermönchen aktiv am Widerstand gegen Erzbischof Hermann von Wied beteiligte, der versuchte, das Luthertum in seiner Diözese einzuführen. Im Jahr 1543 traf er in Mainz den heiligen Peter Faber, den ersten Gefährten von Ignatius von Loyola. Tief beeindruckt von der Persönlichkeit dieses Jesuiten, vertraute sich Canisius ihm an, machte unter seiner Leitung die Exerzitien und entschloss sich danach, in die Gesellschaft Jesu einzutreten. Nach einem Aufenthalt in Rom, wo er das Noviziat unter der Leitung von Ignatius machte, und einem kurzen Zwischenhalt in Sizilien, wurde er nach Deutschland geschickt, um in Bayern ein Kolleg zu gründen.

Petrus Canisius lebte in einer entscheidenden Zeit, in welcher Europa vom Mittelalter in die Moderne voranschritt und die Renaissance eine neue Welt entstehen liess, die sich von der Autorität als Norm befreite. Mit Ernsthaftigkeit und Kompetenz ging Canisius auf die Bedürfnisse der Kirche in ganz Nordeuropa ein. Er arbeitete hart und war unermüdlich, wenn es um die Verteidigung des Glaubens geht. In Deutschland waren der traditionelle Glaube und die religiöse Praxis im Schwinden begriffen: Korruption, Simonie und Habgier diskreditierten die Kirche bis zu den höchsten Stufen. Luthers Reformation gewann schnell an Einfluss und politischer Legitimität. Anstatt sich in Nostalgie für die Vergangenheit zu verlieren und im Gebet zu jammern, setzte sich Canisius für die Zukunft ein und bereitete eine zukünftige Elite vor, die fest im katholischen Glauben verwurzelt war. Da die Jugend der Garant für die Zukunft ist, setzte er sich für die Ausbildung der heranwachsenden Generationen ein, gründete achtzehn Kollegien, reformierte das Universitätsstudium und machte Katechese für das Volk. Erschüttert von der erbärmlichen Situation des deutschen Klerus nahm er die Ausbildung eines neuen Klerus in Angriff und reformierte das Studium und den Lehrplan für die Ausbildung zum Priestertum und zur Seelsorge.

Als eifriger Schriftsteller ist Canisius der erste Jesuit, der Bücher signiert hat. Seine Katechismen blieben bis zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in Gebrauch. Als unermüdlicher Prediger war er auf den renommiertesten Kanzeln in Deutschland begehrt. Er war Rektor und Vizekanzler von Universitäten, Apostolischer Administrator der Diözese Wien und erster Provinzial der deutschen Provinz der Gesellschaft Jesu. Canisius reiste viel, schrieb, lehrte, empfing, beriet, spendete Sakramente, besuchte Gefangene und Kranke, sammelte Geld für seine Kollegien, unterstützte die Einrichtungen der Gesellschaft Jesu in Rom und vieles mehr. Tief verwurzelt in der Liebe Christi und aufmerksam auf die politischen Implikationen seines Einsatzes war er immer bereit, mit grösster Verfügbarkeit auf die an ihn gerichteten Anfragen zu antworten.

Prägendes Wirken in Freiburg

Im Jahr 1580 wurde er in bereits fortgeschrittenem Alter wegen Differenzen und Spannungen mit dem neuen Provinzial der deutschen Provinz in die Schweiz nach Freiburg geschickt, um auf Bitten der Freiburger Behörden und des Nuntius ein neues Kolleg zu gründen. 1582 erwarb er ein Stück Land auf einem Hügel oberhalb der Stadt, um dort das zukünftige Kolleg Saint Michel bauen zu lassen. Bis zu dessen Einweihung im Jahre 1596 unterrichtete er mit grossem Erfolg in drei Häusern, die er an der Lausannegasse gekauft hatte.

Neben dem Unterricht war Canisius in Freiburg auch seelsorgerisch sehr aktiv. Gleich nach seiner Ankunft predigte er zur grossen Zufriedenheit der Gläubigen und der Behörden in der Stiftskirche Sankt Nikolaus. In acht Jahren hielt er dort nicht weniger als 320 Predigten. Er reiste auch durch die ganze Gegend, um Volkmissionen auf Deutsch zu predigen. In der Stadt gründete er mehrere Kongregationen für Männer, Frauen – was ein Novum war – und für junge Leute. Regelmässig ging er in die kleine Kapelle von Bourguillon hinauf, um zur Jungfrau Maria zu beten.

In Freiburg blieb Canisius auch als Schriftsteller sehr aktiv. Für den Klerus publizierte er wichtige Kommentare der liturgischen Schriftlesungen. Dem Volk widmete er praktische «katholische Handbücher» und Biografien der in der Schweiz verehrten Heiligen Mauritius, Fridolin, Urs, Viktor, Beat, Meinrad, Niklaus von Flüe, Ida von Toggenburg. Da die Bücher eine grosse Leidenschaft von ihm blieben, drängte er die Freiburger Senatoren zur Gründung einer Druckerei in ihrer Stadt.

Obwohl müde und mitgenommen, empfing Canisius noch immer viele Menschen und führte einen regen Briefwechsel mit vielen Korrespondenten überall in Europa. Ab August 1597 war er gezwungen, erschöpft und an Wassersucht erkrankt, das Zimmer und bald auch das Bett zu hüten. Am 21. Dezember starb er friedlich, umgeben von seinen Mitbrüdern. Die ganze Stadt Freiburg mit allen Vertretern der Behörden nahm an der Beerdigung teil. Sein Leichnam wurde vor dem Hauptaltar der Stiftskirche Sankt Nikolaus beigesetzt, in der er so oft gepredigt hatte. Am 18. April 1625 wurden seine sterblichen Überreste auf Drängen der Jesuiten in die Kirche des Kollegs Saint Michel übertragen. Am 31. Mai 1925 wurde Petrus Canisius von Papst Pius XI. heiliggesprochen und zum Doktor der Kirche erklärt.

Alles für die Kirche

Es gibt nichts Grossartiges an diesem Mann, ausser einem brennenden pastoralen Eifer und einer ausserordentlichen Arbeitskraft. Der Erfolg ist ihm weder zu Kopf gestiegen, noch haben ihn Misserfolge und die heftigen Angriffe seiner Widersacher entmutigt. Mit grosser Belastbarkeit, unglaublichem Durchhaltevermögen und einem unerschütterlichen Vertrauen in Christus hat Canisius gegen alle Widerstände in seinem Dienst ausgeharrt. Als Student in Köln hatte Canisius mit Grossbuchstaben auf die Titelseite seines Notizbuches geschrieben: «PERSEVERA!» (Halte durch!). Jahre später, als er in Polen in eine schwierige Situation verwickelt war, schrieb er an seinen Generaloberen: «Je schwieriger und sogar verzweifelter die Ereignisse dem Urteil dieser Welt erscheinen werden, desto mehr müssen wir uns ihnen stellen, denn wir sind von der Gesellschaft Jesu und wir müssen alles für die Kirche in Schwierigkeiten tun.»2

Pierre Emonet

 

1 O’Malley, John W., Die ersten Jesuiten, Würzburg, 1995, 315–316.

2 Braunsberger, Otto, Beati Petri Canisii Epistulae et acta, Vol. II, Freiburg i. Br. 1898, 362.

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Pierre Emonet

Pierre Emonet SJ (Jg. 1936) ist Direktor der kulturellen Zeitschrift «Choisir» und ehemaliger Provinzial der Schweizer Jesuiten. Er ist auch als Exerzitienmeister und Schriftsteller tätig.