Spiritualität im Dienste sozialer Gerechtigkeit

Die Vertreter von Justitia et Pax Europa trafen sich unter Leitung von Erzbischof Hollerich von Luxemburg vier Tage lang in Taizé, um über «Spiritualität im Dienste sozialer Gerechtigkeit» zu beraten.

Fünfzig Jahre nach Gründung des päpstlichen Rates Justitia et Pax (JP) durch Papst Paul VI. versammelte sich die Konferenz der europäischen Justitia-et-Pax-Kommissionen zu ihrem jährlichen Treffen vom 22. bis 25. September in Taizé im Burgund. 80 Delegationen aus mehr als 20 nationalen Kommissionen wurden von Erzbischof Jean-Claude Hollerich von Luxemburg, Präsident von JP Europa, und Bruder Alois, Prior der Taizé- Gemeinschaft, begrüsst. Das Treffen suchte nach Wegen, die Spiritualität zu vertiefen, um diese besser in den Dienst für soziale Gerechtigkeit und Frieden in Europa und der Welt zu stellen. Auch die Umsetzung der Intentionen der Enzyklika «Laudato Si» in der Arbeit von JP kam zur Sprache. Kardinal Peter Turkson vom Dikasterium für die Förderung integraler menschlicher Entwicklung nahm zeitweise an der Versammlung teil. Rev. Claire Sixte Gateuille, Nationalsekretär für internationale Beziehungen der Vereinten Evangelischen Kirche in Frankreich, richtete eine Grussadresse an das Plenum.

Symbolische Aktionen

Von der italienischen Delegation stellte Cecilia Dall’Oglio eine symbolische Aktion zur «Schöpfungsgerechtigkeit» vor, die eine persönliche Verpflichtung zur Bewahrung der Schöpfung beinhaltete. Mit dem Ausziehen ihrer Schuhe, um barfuss auf der Erde zu stehen, demonstrierten die Delegierten eine radikale Erneuerung ihrer Verbindung mit der Schöpfung. Dann legten sie mitgebrachte Erde aus «verwundeten Orten» in ihren jeweiligen Ländern in einen Container, um ihre Einheit angesichts der sozialen und ökologischen Verwüstung zu symbolisieren. Jede mitgebrachte Erde war aussagekräftig: aus Deutschland Erde vom UN-Klimasekretariat in Bonn. Die portugiesische Erde aus Zentral-Portugal, das von Waldbränden verwüstet worden war. Die luxemburgische Abordnung brachte Boden aus der Stadt Luxemburg mit: «Wir bringen Erde, die durch die industrielle Verschmutzung und die Verwendung von landwirtschaftlichen Düngemitteln und Pestiziden verunreinigt ist, was unsere Trinkwasserquellen bedroht». Die albanische Kommission brachte Erde aus dem ehemaligen schlimmsten kommunistischen Gefängnis von Spaç in Albanien.

Jean-Claude Hollerich erklärte: «Diese Aktion war ein bewegendes Zeugnis von Solidarität mit dem Schrei der Erde und dem Schrei der Armen.» Bruder Alois betete: «Gott aller Liebe, wir vertrauen dir die Opfer an von Gewalt, Ungerechtigkeit und Naturkatastrophen. Sie mögen uns inspirieren zu handeln, um Leiden zu lindern, beginnend mit den Menschen, die uns am nächsten sind. Du hörst auf den Schrei der Armen. Erlaube uns, ihnen nahe zu sein und mit ihnen zu hoffen, damit wir alle zusammen das neue Lied deiner Liebe singen.»

Tomas Insua, Direktor des Global Catholic Climate Movement, der beigetragen hatte, die symbolische Erd-Aktion zu organisieren, ermutigte die Veranstaltung mit den Worten: «Die Demonstration einer intimen Beziehung zur Schöpfung war ein starkes Symbol gemeinsamer Stärke.» Während die Menschen auf der ganzen Welt weiterhin unter ungewöhnlich starken Hurrikans, Monsunen und Dürren leiden, ist es wichtig, dass der soziale und ökologische Schutz mit unserer Arbeit über Gerechtigkeit und Frieden verbunden wird. Die Globale katholische Klimabewegung ist ein Dachverband von über 400 Mitgliedsorganisationen und Tausenden von Katholiken, der als Antwort auf den Appell von Papst Franziskus in Laudato Si entstanden ist.

Zurück zu den Wurzeln von Taizé

Taizé hat sich als Brüdergemeinschaft in diesem Jahr in grossem Stil den Problemen der Welt geöffnet. Im Mai fand erstmals dort ein christlich-islamisches Freundschaftswochenende statt, im Juli folgte eine Woche zum Schwerpunkt Flüchtlinge. Beide Veranstaltungen wurden zusammen mit römischen Einrichtungen der Kurie und mit Unterstützung politischer Gremien organisiert, was Taizé bislang immer abgelehnt hatte. Nach dem Justitia-et-Pax-Jahrestreffen ist Frère Alois zusammen mit einer Gruppe Jugendlicher und Brüder seiner Gemeinschaft nach Ägypten aufgebrochen, zu einer weiteren Etappe des Pilgerwegs des Vertrauens; aber auch, um den bedrängten Christen in Ägypten ihre Solidarität zu bekunden. In Ägypten, das als die Wiege des christlichen Mönchtums gilt, liegen auch mit die Wurzeln von Taizé. In Cluny, in dessen Tradition sich Frère Roger auch gerne gesehen hat, liegen die Wurzeln des christlich-islamischen Dialogs in Europa, denn hier entstand bereits 1134 unter Abt Petrus Venerabilis die erste Übersetzung des Korans ins Lateinische, eine Übersetzung, die 500 Jahre einzige Grundlage des christlichen Wissens über den Islam blieb.

 


Bodo Bost

Bodo Bost studierte Theologie in Strassburg und Islamkunde in Saarbrücken. Seit 1999 ist er Pastoralreferent im Erzbistum Luxemburg und seit 2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Public Responsibility an der kircheneigenen Hochschule «Luxembourg School of Religion & Society».