Spiritualität – Ausdruck gelebten Glaubens

Das Kircheninnere der Abbaye du Thoronet in der Provence (F). (Bild: rs)

 

Spiritualität ist in den letzten Jahren zu einem Modewort geworden. Alles und jeder kann spirituell sein, denn unter diesem Begriff verstehen viele Menschen einfach etwas Geistiges oder Geistliches. Der Begriff Spiritualität (von pneumatikós, d. h. dem Geist gemäss) als Bezeichnung der Lehre von religiösem Leben entstand erst um etwa 1900 in Frankreich. Doch Spiritualität als gelebte Wirklichkeit gibt es schon viel länger.

Grundlage der christlichen Spiritualität ist die persönliche Beziehung zu Jesus Christus. Da jeder Mensch eine unverwechselbare Beziehung zu Christus hat, gibt es unzählige Ausdrucksweisen von Spiritualität. Sie ist aber infolge der Rückbindung auf Christus immer auf die Bibel bezogen und wird durch Impulse des Heiligen Geistes bewegt, den Christus uns nach seiner Himmelfahrt geschenkt hat. Weil Menschen in einer konkreten Geschichte und einem konkreten Umfeld leben, ist der überlieferte Glaube zu jedem Zeitpunkt durch unterschiedliche Einflüsse und Vorstellungen geprägt. Es ist Aufgabe aller Gläubigen, die Zeichen der Zeit auf dem Hintergrund ihres (ererbten) Glaubens zu deuten und für die Mitmenschen fruchtbar zu machen. Dabei können die Unterscheidung der Geister, aber auch Exerzitien oder die geistliche Begleitung hilfreich sein.

Christliche Spiritualität drückt sich in erster Linie in privaten und gottesdienstlichen Gebeten, im Sprechen mit Gott aus. Besonders in dem in der Ostkirche beheimateten Jesusgebet (oder Herzensgebet) scheint der Gedanke der immerwährenden Verbundenheit mit Christus auf. Da der Mensch nur als ganzheitliches Wesen glauben kann, gehören Bewegungsformen oder Körperhaltungen unabdingbar zur gelebten Spiritualität: Pilgern, Wallfahrten oder sakraler Tanz sind Beispiele dafür. Aber auch durch Musik und Kunst kann der persönlichen Spiritualität Ausdruck verliehen werden.

Spiritualität schafft religiöse Beheimatung und gleichzeitig Offenheit auf die Welt hin, da «der Geist weht, wo er will».

Rosmarie Schärer