Ordensgemeinschaften

Der letzte öffentliche Gottesdienst in der Bruchmatt.

Orden der Helferinnen in Luzern

Abschied ist zugleich Aufbruch

116 Jahre war die Bruchmatt das Zuhause des Ordens der Helferinnen in Luzern. Im Exerzitien- und Bildungshaus fanden unzählige Menschen Ruhe, Besinnung und Kraft aus dem Glauben. Nach dem Auszug der letzten Schwestern Ende 2018 soll der Geist des Hauses ab 2021 im neuen Pflegeheim der Elisabethenheim AG weiterleben.

Auf dem Gelände der Bruchmatt sind die Bauprofile der neuen Gebäulichkeiten ausgesteckt. Ein letztes Mal läuteten am 1. Adventssonntag die Glocken zum öffentlichen Gottesdienst in der Bruchmattkapelle. Dieser stand im Zeichen des Übergangs: des Abschieds vom Alten und dem Aufbruch ins Neue. Zu den Stichworten Dankbarkeit, Trauer, Zuversicht und Vertrauen gaben die Bruchmattschwestern und Priester Josef Moser ihren Gedanken und Gefühlen Ausdruck.

Die Veränderung hatte sich seit längerem abgezeichnet. Die Gemeinschaft der Helferinnen war kleiner, die Schwestern waren älter geworden. Eintritte von neuen Frauen gab es nicht. In einem langen Entscheidungsprozess waren die Schwestern zur Einsicht gelangt: «Unser Auftrag und unsere Spiritualität sind nicht an einen Ort und an ein Gebäude gebunden.»  Der endgültige Abschied erfüllt die Schwestern zum einen mit Wehmut. Zum anderen blicken sie dem Neuen, das am Ort ihres langjährigen Wirkens wachsen wird, offen und vertrauensvoll entgegen.

Vertrauen in die Vorsehung

Vorsehung ist für die Helferinnen kein verstaubtes Wort. Es ist ein Ausdruck geführt zu sein. Das Vertrauen in die Führung Gottes zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Helferinnen in der Schweiz. Schon die Niederlassung in Luzern war abenteuerlich. Um 1900 drohte den 1856 in Paris gegründeten «Soeurs Auxiliatrices» und vielen anderen Ordensgemeinschaften die Ausweisung aus Frankreich. Auf der Suche nach einem Zufluchtsort kamen sie in die ehemalige «Villa Bruchmatt» nach Luzern. Wegen des Verbotes der Klostergründung in der Bundesverfassung geschah der Einzug in Luzern 1902 unauffällig. Statt einer Ordensgemeinschaft wurde bei der Fremdenpolizei eine Frau X als Mieterin mit zwei Untermieterinnen gemeldet. Jede davon hatte eine Gesellschaftsdame oder eine Zofe und eine Köchin bei sich. Die ersten Schwestern liessen sich durch alle widrigen Umstände nicht behindern.

Da sein für Menschen in Not

«Bei allem Guten helfen, was immer es sei», lautete der Leitspruch der Gründerin. Seit jeher stehen die vergessenen und in ihrer Menschenwürde verletzten Menschen im Zentrum des Wirkens der Helferinnen. Stets passten sie sich den Bedürfnissen der Zeit und der Menschen an. Sie  engagierten sich in den vielfältigsten Bereichen auch ausserhalb des Hauses in Spitälern, Pfarreien und Hilfswerken.

Ein Schwerpunkt liegt seit Beginn in der Glaubensvertiefung. Bereits 1903 wurden vier Mädchen in Einzelexerzitien von Schwestern begleitet. Lange wurden vor allem Gastkurse beherbergt. Mit der Zeit führten die Helferinnen Eigenkurse und Exerzitien zu Glaubens- und Lebenshilfe, Ökumene und Solidarität durch. Das Kurswesen wuchs, die Bruchmatt wurde als Kloster und als Bildungshaus bekannt. Diese Entwicklung erforderte mehr Platz. 1950 und 1960 erfolgten grössere Umbauten, 1962 wurde die Kapelle eingeweiht. Nach dem Neubau 1988 wurden für Administration und Betrieb externe Mitarbeiterinnen angestellt. Die jüngere Generation der Schwestern übernahm mehr und mehr Bildungsaufgaben. Weiterhin begleiteten sie in Einzelgesprächen unzählige Menschen durch Entwicklungsphasen, in Entscheidungssituationen, durch Leid und Krisen. Wichtig war ihnen dabei eine Sprache, die die Menschen auch verstanden.

Als Frauen in der Kirche

Von Anfang an lag die «Geistliche Leitung» der Schwestern nicht wie üblich in den Händen eines Spirituals, sondern allein in der Verantwortung der Oberin. Damit waren Unabhängigkeit und Selbständigkeit gewahrt. Der Aspekt der Fraulichkeit in der Gestaltung des Hauses, in der Liturgie und in den Beziehungen wurde schon immer intensiv gelebt, in den letzten Jahren jedoch stärker bewusst wahrgenommen und gepflegt. In diesem Sinn wurde die Bruchmatt zur Nische einer von Frauen geprägten Kirche.

Oase für die Seele

Nach gründlicher Auslegeordnung entschieden die Helferinnen 2008, sich vermehrt auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren: die Pflege und Weitergabe der Spiritualität. Seit 2011 wurde der Gästetrakt des Hauses an die IG Arbeit (InteressenGemeinschaft Arbeit Luzern) vermietet. Menschen mit einer Leistungsbeeinträchtigung oder arbeitslose Personen erhielten damit vielseitige und interessante Arbeitsplätze.

Ein Teil des Hauses wurde von den Helferinnen als «Oase Bruchmatt» mit eigenem Angebot (Exerzitien, Meditationen und Gottesdienste in der Kapelle) genutzt. Auch Heilsingen und Gartentage gehörten zum festen Programm. Stille Tage halfen vielen Menschen, ruhig zu werden, sich auf das Wesentliche auszurichten und von innen her Kraft zum Handeln zu holen.

Das Kostbare weitergeben

Die Helferinnen wussten, dass dies längerfristig keine Lösung sein konnte. Sie hörten von der Suche der Spitalschwestern nach einem neuen Standort für ihr Pflegeheim. Das Areal der Bruchmatt bot sich dafür geradezu an. Zudem verfolgen die Spitalschwestern ähnliche Grundsätze. Die Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner basiert auf Ehrfurcht und Respekt vor jedem Menschen, unabhängig vom sozialen Status, Alter und von der Religion. Nach einem langen Entscheidungsprozess verkaufte der von den Helferinnen Schweiz getragene «Verein Haus Bruchmatt» 2016 seine Liegenschaft an die Elisabethenheim Luzern AG. Es war für die Schwestern ein Weg mit Höhen und Tiefen. Der Gedanke an den Rückbau des bestehenden Gebäudes wegen des Neubaus beschäftigte viele sehr. Dazu schrieb Schwester Anna Brunner: «Eines Abends ist mir klar aufgegangen: Was wir loslassen, wird anderen älteren Menschen und einer anderen Ordensgemeinschaft dienen. Andere werden das Kostbare, das wir jahrelang leben durften, empfangen und leben. Es ist nicht verloren, nur weitergegeben.»

Aufbruch in die Zukunft

«Wir waren wohl ein bisschen erstaunt, gar erschrocken, als uns die Generalleiterin 2016 empfahl, bereits jetzt mit etwas Neuem zu beginnen und nicht das Ende der Bruchmattzeit abzuwarten», erklärt Schwester Cécile Eder, Verantwortliche für die Vizeprovinz Schweiz, und fährt fort: «Es leuchtete uns ein, trotz des Bedauerns, dass in der Bruchmatt nicht alles bis ans Ende so bleiben würde, wie es immer war.» Sie berichtet, wie sich Schritt für Schritt in den letzten zwei Jahren das Neue entwickelte. Die Leitung (Provinzverwaltung), das Ökonomat und die Koordinatorin finden Unterschlupf im Brünighof. Der daneben liegende Wohnraum, wo nun Schwester Rosa wohnt, bietet auch Platz für Treffen der Schwestern.

Eine Gruppe, die im kleineren Rahmen ein Angebot zum Mitleben, zur Stille und gemeinsamem Gebets-Dasein anbietet, hat Raum im Liebenauweg 8 gefunden. Mit den Kapuzinern in der Nähe ist eine spirituelle Suchgruppe für das Wachsen der Oase W am Aufbau. Die Schwestern Anna, Barbara, Elisabetha und Maria leben nun dort mit zwei Frauen. Das Archiv hat bei den Zisterzienserinnen in Eschenbach Herberge gefunden.

Im künftigen Neubau des Elisabethenheims sind zwei Wohneinheiten je für Spitalschwestern und Helferinnen geplant. Eine spätere «Rückkehr» aufs Areal der Bruchmatt ist möglich. Gemäss Schwester Cécile ist den Spitalschwestern und den Helferinnen der Geist ihrer Ausrichtung gemeinsam: «Mit den Menschen zu sein und zu wirken – in allen Lebensphasen – von Gott her und auf Gott hin, mit besonderer Achtsamkeit für die gesellschaftlich Benachteiligten. Und dies aus dem Geist der Liebe Christi heraus, der uns selber ja geschenkt ist.»

Monika Fischer

 

 

Die Kongregation der Helferinnen

ist eine internationale, katholische Ordensgemeinschaft mit Ignatianischer Spiritualität. Sie wurde 1856 in Paris von Eugénie Smet gegründet. Dem Orden gehören heute weltweit rund 500 Schwestern in 25 Ländern an. In der Vizeprovinz Schweiz leben heute 17 Schwestern in Luzern und Agglomeration, in Biel, Bern, Solothurn und Dornbirn (ÖE). Verantwortlich für die Vizeprovinz Schweiz ist die in Kriens aufgewachsene Schwester Cécile Eder, Biel/Luzern. Für Koordination/Administration ist Madeleine Schneider verantwortlich. Weitere Infos: www.helferinnen.ch, Tel. 041 249 21 80, Email: helferinnen@