Nachösterliche Netzgeschichte

Am Ufer brennt ein Feuer. Seltsam. Wer hält sich dort auf. Um diese Zeit. In aller Hergottsfrüh? Rätselhaft – geheimnisvoll ist sie. Die Szene. Die Jünger im Boot kümmert es wenig. Sie haben andere Sorgen. Kein einziger Fisch zappelt im Netz. Umsonst war sie. Die Arbeit einer ganzen Nacht. Die Männer zweifeln. An ihren Fähigkeiten. An sich selbst. Nichts will mehr gelingen. Seit Jesus tot ist. Nicht nur die Netze – alles ist leer. Seit jenem Tag. Vor allem ihre Herzen. Ab und zu wirft jeder einen scheuen Blick zum Ufer. Das Feuer brennt noch immer. Doch keiner wagt, genauer zu schauen. Nur Johannes will das Rätsel lösen. Ein Mann steht beim Feuer. Er winkt und ruft. Johannes versucht zu verstehen. Der Mann will essen. Nur was? Sie haben ja selbst nichts. Johannes schaut genauer. Wer könnte das sein? Ob seine Vermutung stimmt. Er wagt sie kaum auszusprechen. Nur – schweigen geht auch nicht. Johannes sagt laut und deutlich: Es ist Jesus! Das kann nicht sein. Denken alle. Erschrocken starren sie zum Ufer. Es muss Jesus sein. Wie er winkt. – Wie er spricht. Seine Sprache ist deutlich: Werft das Netz noch einmal aus. Auf der rechten Seite des Bootes. Dem Leben entgegen. Die Männer hören es wohl. Sie erinnern sich. Es ist wie damals. Als alles begann. Ungläubig schauen sie zum Ufer. Wie kann das sein. Jesus ist tot. Sollen sie tun. Was er verlangt. – Rätselhaft bleibt das Ganze. Doch wäre es eine zweite Chance. Das Leben neu zu entdecken. Warum also zögern? Alles ist besser. Als resignieren. Den Bettel einfach hinzuwerfen. Handeln wirkt oft Wunder. Auch wenn es widersinnig ist. Es lenkt ab von trüben Gedanken. Ein Versuch jedenfalls ist es wert. Und wirklich! Es klappt. Auch diesmal. Ihre Lebenskraft fliesst, sie überfliesst. Ganz neu. Verlorene Hoffnung kehrt zurück. Die Netze füllen sich. Ihre Freude ist gross. Am Ufer brennt ein Feuer. Alle sind versammelt. Jesus sitzt da. Mitten unter ihnen. Ganz selbstverständlich. Sie essen und trinken. Es hat mehr als genug. Keiner spricht. Stellt eine Frage. Wortlos begreifen sie. Jesus ist da. Immer. Seine Kraft lebt, wirkt, handelt durch sie. Auch durch uns. Es ist ein Wunder. Jesus ist Netz. Er hält. Hält zusammen.

 


 

Der ökumenische Gottesdienst am Bettag 2017 in Luzern führte Angehörige der Pfarreien St. Maria und St. Paul und der evangelisch-reformierten Lukasgemeinde in der Lukaskirche zusammen. Zum Leitgedanken "Zusammenhalten" trug die Diakonin Yvonne Lehmann die vorliegende Paraphrase zu Johannes 21 vor.

Yvonne Lehmann

Yvonne Lehmann, seit 1985 tätig bei der Reformierten Kirche Luzern, seit 1990 als Diakonin. Ordination 2007. Seit 2009 im Synodalrat der Reformierten Kirche des Kantons Luzern, Departement Bildung und Kantonale Seelsorgestellen. Ausbildung in Katechese, Seelsorge, Theologie, Eidg. Diplomierte Erwachsenenbildnerin AEB, 10-jährige Schulung zur geistlichen Begleiterin IFOK/Unilu/Via Cordis, seit 2016 Anerkennung als Kontemplationslehrerin