Mit und nicht gegen Migranten und Flüchtlinge

Papst Franziskus betont in seiner Botschaft [datei12584], folgenden Punkt, der besonders auch für die Schweiz und ihren wirtschaftlichen Erfolg gilt: «Wie nie zuvor in der Geschichte erleben unsere Gesellschaften Prozesse weltweiter gegenseitiger Abhängigkeit und Wechselwirkung, die, obgleich sie auch problematische oder negative Elemente aufweisen, das Ziel haben, die Lebensbedingungen der Menschheitsfamilie zu verbessern, und zwar nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in politischer und kultureller Hinsicht. Jeder Mensch gehört ja der Menschheit an und teilt die Hoffnung auf eine bessere Zukunft mit der gesamten Völkerfamilie».

Abschottung ist unchristlich

Das am Anfang der Bibel festgelegte Verhältnis, dass jeder Mensch ein Abbild Gottes ist, hat für uns Christinnen und Christen direkte Folgen, denn damit postuliert die Heilige Schrift das unbedingte Lebensrecht jedes einzelnen Menschen als eine direkte Konsequenz aus seiner Gottebenbildlichkeit. Bei allen, im Einzelfall sogar begreiflichen, aber oft diffusen und deshalb gefährlichen Ängsten, was Fremde und Fremdes betrifft, kann dieser christliche Grundsatz nicht oft genug wiederholt werden. Und es ist Aufgabe der Kirche, als Anwältin für die Migranten und Fremden aufzutreten, gegenteiligen Strömungen in Politik und Gesellschaft der Schweiz zum Trotz: Hier hat die Kirche und haben wir Christinnen und Christen eine wichtige Funktion, für andere Menschen einzustehen, sei es durch unser Wort, aber auch in konkreter Tat durch Respekt, Hilfeleistung und finanzielle Unterstützung. Angesichts des gegenwärtigen furchtbaren Flüchtlingselends im Nahen und Mittleren Osten gilt dies besonders heute.

Wann sind wir wirklich katholisch?

Für jede Pfarrei und jede kirchliche Gemeinschaft stellt sich immer wieder die Frage, ob und wann wir wirklich katholisch, allumfassend, sind. Ein Ausdruck der Katholizität ist, wenn Offenheit da ist für Nichtschweizer, für andere Kulturen, auch für andere Religionsgemeinschaften. Es ist ein schönes Zeichen, dass auch im staatskirchenrechtlichen Bereich schon in einigen Landeskirchen und Kirchgemeinden auch Nichtschweizer mit Niederlassungsrecht politische Rechte haben und so besser integriert werden können. Es ist zu hoffen, dass diese Möglichkeit flächendeckend umgesetzt wird.

Ein halbes Jahr nach der «Masseneinwanderungsinitiative» und wenige Wochen vor der Abstimmung über die «Ecopop»-Initiative ist der Sonntag der Völker ein guter Moment, über die «Identität» der Schweiz nachzudenken, über unser Verhältnis zu «Ausländern» und die Gestaltung des Zusammenlebens in unserem Land. Wie Bischof Giuseppe Grampa in seiner 1.-August-Botschaft geschrieben hat, sind dabei nicht die sichtbaren, sondern die «unsichtbaren Ausländer» gefährlich (vgl. SKZ Nr. 31–32/2014).

Urban Fink-Wagner

Urban Fink-Wagner

Der Historiker und promovierte Theologe Urban Fink-Wagner, 2004 bis 2016 Redaktionsleiter der SKZ, ist Geschäftsführer der Inländischen Mission.