Mission braucht Reputation

Mission erfordert Reputation! Das Zweite Vatikanische Konzil sprach sich für eine Kirche aus, die ihren Wirkungsort in der Welt und bei den Menschen sieht. Die Päpste nach dem Konzil wurden nicht müde, dies mit den Stichworten «Mission» und «Neuevangelisierung » auf den Punkt zu bringen. Wer aber missionieren will, ist auf eine gute Aussenwirkung und damit auch auf eine gute Reputation angewiesen. Es gilt der Grundsatz, bei der Kirche noch in verschärfter Weise als bei anderen Institutionen: «An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!» An den Missbrauchsfällen in der Kirche wurde dabei deutlich, was Warren Buffett so umschrieben hat: «Es braucht zwanzig Jahre, um einen guten Ruf aufzubauen, und fünf Minuten, um diesen zu ruinieren.»

So ist es naheliegend, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie es um das Ansehen der grossen Kirchen in der Schweiz steht. Diese wichtige Aufgabe hat das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut in St. Gallen auf sich genommen, und der Theologe und Psychologe Urs Winter-Pfändler legt nun mit dem Buch «Kirchenreputation. Forschungsergebnisse zum Ansehen der Kirchen in der Schweiz und Impulse zum Reputationsmanagement » (Eigenverlag SPI St. Gallen 2015, 303 S.) die Resultate dieser breiten Untersuchung vor.

In der SKZ werden die wichtigeren Resultate in absehbarer Zeit vertieft. Hier nun einführend zuerst eine kurze Zusammenfassung: Knapp 1400 Befragte – 360 angehende Primarlehrer und Kindergärtnerinnen der Pädagogischen Hochschule St. Gallen, 90 Theologiestudierende aus allen römisch- katholischen und evangelisch-reformierten Fakultäten der Deutschschweiz sowie 949 Kantonsparlamentarier – gaben in einer wissenschaftlichen Studie Auskunft über ihre Verbundenheit mit den Kirchen und über ihre Einschätzungen der Qualität kirchlicher Dienstleistungen, des Seelsorgepersonals oder der Kirchenleitungen.

Die kirchlichen Mitarbeitenden und die Angebote der römisch-katholischen und der evangelisch- reformierten Kirche werden zu grossen Teilen geschätzt; die Reputation der römisch-katholischen Kirche hat sich durch die Missbrauchsskandale und deren Positionen zur Sexualmoral in den vergangenen Jahren verschlechtert. An diesen Fragen droht gemäss Urs Winter-Pfändler das Herzstück der Reputation, die emotionale Verbundenheit mit der Organisation, zu zerbrechen, d. h. die Menschen verlieren ihr Vertrauen in die Kirche, sie erachten diese als unglaubwürdig oder haben ein ungutes Gefühl.

Neben verschiedenen Baustellen wird auch Positives genannt: die motivierten und kompetenten Mitarbeitenden, kirchliche Angebote wie Taufen oder Hochzeiten, auch gesellschaftliches Engagement. Die Politiker schätzen die reformierten Kirchen in den meisten Bereichen positiver ein als die römisch-katholische Kirche – obwohl die letztgenannte ja weit häufiger medial sichtbar ist.

Aus der Studie lässt sich ableiten, dass offen, transparent und ehrlich kommuniziert werden muss und der Dialog mit der Gesellschaft und den Menschen nötig ist: «Doppelmoral gilt es genauso zu vermeiden wie jegliche Versuche, interne Missstände zu vertuschen. Zudem sind die Kirchen gefordert, ihren gesellschaftlichen Beitrag immer wieder auszuweisen.» Gefordert sind also Taten, nicht viele Worte. 

 

Urban Fink-Wagner

Urban Fink-Wagner

Der Historiker und promovierte Theologe Urban Fink-Wagner, 2004 bis 2016 Redaktionsleiter der SKZ, ist Geschäftsführer der Inländischen Mission.