Interreligiöse Herausforderungen in der Spitalseelsorge

Die von den öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften getragene Spitalseelsorge kommt angesichts der religiösen Pluralisierung der Gesellschaft an ihre Grenzen. Eine religionsübergreifende «Spiritual Care» eröffnet neue Gesprächsmöglichkeiten zwischen Religion und Medizin. Über die Sprachgrenzen hinaus wird man sich bewusst, dass «transreligiöse» Seelsorge mehr Augenmerk braucht.

Das Schweizerische Zentrum für Islamwissenschaften der Universität Freiburg i. Ue. führte im Mai zusammen mit dem Freiburger Institut für Religionsrecht und dem Institut für Religions- und Sozialwissenschaften der Universität Lausanne ein zweisprachiges Kolloquium zur Thematik durch. Aus den Referaten, die von Irene Becci, Lausanne, Simon Peng-Keller, Zürich, und René Pahud de Mortanges, Fribourg, gehalten wurden, sei hier die Definition von «Spiritual Care» von Simon Peng-Keller hervorgehoben.1

Die interreligiöse «Spiritual Care» ist nichts Neues. Die WHO definiert das Recht auf religiöse Betreuung. Diese ist nicht zwingend an die seelsorgerliche Begleitung der institutionellen Kirchen gebunden. Die anerkannten Landeskirchen organisieren aber die Seelsorge in kantonalen und kommunalen Einrichtungen, wo sie vielfach für alle Patientinnen und Patienten zuständig ist. Simon Peng-Keller macht darauf aufmerksam, dass für die «transreligiöse» Seelsorge gut integrierte und entsprechend ausgebildete Seelsorgerinnen und Seelsorger gefordert sind. Das bedinge eine Ausdifferenzierung des Rollenprofils der Seelsorge: In komplexen und pluralistischen klinischen Kontexten stünden Seelsorgende vor der Aufgabe, verschiedene Rollen in professioneller Weise miteinander zu verbinden. Paradox dazu stehe, dass im Horizont von Spiritual Care eine weitere Professionalisierung der Seelsorge gefordert sei, die daran erinnere, dass Spiritualität und Spiritual Care nicht restlos professionalisierbar sei. An der Podiumsdiskussion mit Dr. Fatoumata Diawara, CHUV, Lausanne, Rabbiner Marcel Yair Ebel von der Israelitische Kultusgemeinde Zürich, Dia Khadam, Muslimische Seelsorgerin des Universitätsspitals Genf, Pascal Mösli, Koordinator der Palliative Care der Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn und Priester Sasikumar Tharmalingam vom Haus der Religionen in Bern und seinem Hinduistischen Verein Savanerikoodam wurde die Arbeit in den entsprechenden Einrichtungen thematisiert. Vielfach geschieht diese Seelsorgetätigkeit ehrenamtlich. In den einstündigen Workshops konnten die Themen vertieft werden.

Der Verein Islamischer Organisationen Zürich (VIOZ) stellte – unter anderen – sein Modell der islamischen Notfallseelsorge Zürich vor. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten eine Ausbildung und stehen im Kanton Zürich in Rufbereitschaft.

Die Einsatzfelder werden auf der Homepage der VIOZ genannt: www.islam-seelsorge.ch

 

1 Die Referate der Tagung vom 18. Mai 2016 können unter www.unifr.ch/szig/de/events/ nachgelesen werden.

Elisabeth Aeberli

Elisabeth Aeberli

Elisabeth Aeberli ist nach ihrer Pensionierung weiterhin in Teilzeit als Seelsorgerin tätig im Spital und Pflegezentrum Menziken.