Internet- (IS) und SMS-Seelsorge

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Immer wieder und immer eindringlicher ist von der kirchlichen Basis her der Wunsch hörbar, die Kirche möge ihre Sprache und ihre Kontakte zu den Menschen zeitgemässer gestalten. Die schweizerische ökumenische IS- und SMS-Seelsorge tut dies auf einem besonderen Feld und in besonders zeitgemässer Form als Seelsorge über den Computer. Begonnen hat diese Dienstleistung 1995, und zwar als Erste dieser Art im europäischen Raum.

Ein interpersonelles Geschehen

Was psychotherapeutisch Tätigen lange Zeit sehr suspekt vorkam, scheint sich in der Zwischenzeit als eine Möglichkeit der Kontaktnahme und Begleitung für Menschen in Not etabliert zu haben. Trotz des technischen Vorgangs entsteht mit den meisten unserer Klienten und Klientinnen, User genannt, eine tief gehende, vertrauensvolle Beziehung von oft eindrücklicher Intensität. Jugendliche formulieren immer wieder, dass ihnen Offenheit über den Computer leichter falle als ein Gespräch mit einem sichtbaren Menschen.

Die Betreuenden werden manchmal mit dunkelsten Dimensionen des Menschseins konfrontiert, erleben aber auch, wie ihre Beratung weiterhilft. Psychotherapien sensu strictu werden nicht angeboten, wiewohl die Kontakte therapeutisch wirken. Auch die Gesetze der Übertragung spielen wie in einem Face-to-Face-Gespräch. Manchmal werden Beratende zur rettenden Mutter, zum (endlich!) verständnisvollen Vater oder auch zu der Person halt, die wieder nicht versteht, worum es geht … Klar ist, dass die Anforderungen an die Beratenden gross sind, verbalisierte Empathie und nötige Abgrenzung sind gleicherweise verlangt. Die seelsorgerische Tätigkeit übers Internet ist im christlichen Glauben aller Beteiligten grundgelegt und bejaht die Würde eines jeden Menschen als kostbares Geschöpf Gottes.

Die Beratung

Die Klientinnen und Klienten, die User, senden ihre Anliegen mittels unserer Website www.seelsorge.net an die Mail-Masters. Diese geben die Anfragen weiter an die Beratenden. In der Folge spielt sich der Kontakt User– Begleiter über den je individuellen PC ab, die Beratenden bleiben anonym, verwenden ein Pseudonym. Die Anzahl der E-Mails hängt sehr von den Fragen der User ab.

Die Beratenden werden nach sorgfältiger Auswahl in einem Einführungskurs vorbereitet und nehmen an der obligatorischen Supervision teil. Alle Beteiligten unterstehen der Schweigepflicht, eine kirchliche Zugehörigkeit und eine Ausbildung in Gesprächsführung werden vorausgesetzt. Jeder Erstkontakt von aussen wird auf seine Ernsthaftigkeit hin mit einer Rückfrage getestet. Technisch ist der Server so abgesichert, dass für alle Beteiligten grosse Sicherheit besteht.

Die IS- und die SMS-Seelsorge werden von Menschen aller Altersgruppen kontaktiert, vornehmlich aber von jungen Menschen aus den drei Sprachregionen der Schweiz und dem deutschsprachigen Europa. 2012 waren es 608 Erstkontakte, im ersten Halbjahr 2013 645. Die Problemkreise decken ein breites Spektrum ab:

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Die Trägerschaft

Die IS- und SMS-Seelsorge versteht sich als ökumenischer Dienstleistungsbetrieb der beiden grossen Landeskirchen. Er setzt sich zusammen aus der Geschäftsleitung (50-Prozent-Anstellung), einer Kommission als Aufsichtsorgan, der Personal- und Planungskommission und den gut 30 unentgeltlich Beratenden. Die finanzielle Unterstützung ist gewährleistet durch die evangelisch-reformierten und die römisch-katholischen Kirchgemeinden der Stadt und des Kantons Zürich sowie durch die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Da sich die RKZ wegen Geldmangels unwiderruflich von der Mitfinanzierung zurückgezogen hat, bleibt in der IS-Kasse ein grosses Loch.

Die Suche nach Sponsoren ist voll im Gange, gestaltet sich aber schwierig. Wäre es nicht die Sache aller Bistümer der ganzen Schweiz, dieses sinnvolle und zeitgemässe Werk der IS- und SMS-Seelsorge zu unterstützen? Bis jetzt waren nebst der RKZ nur die Kirchen im Kanton Zürich aktiv. In der derzeitigen materiellen Belastung bleibt nur die Hoffnung – «L’espérance, c’est une toute petite fille …» (Charles Péguy).

 

Silja Greber

Silja Greber ist pensionierte Fachärztin für Psychiatrie/ Psychotherapie sowie Ordensmitglied der Gemeinschaft der Schwestern von Menzingen. Beide Lebenskreise sind für sie eine ideale Hilfe und Voraussetzung für die Arbeit als Begleiterin bei der IS-Seelsorge für Menschen in Not