Glaube sichtbar gemacht

Die Ausstellung «Glaubenswelten im Mittelalter» zeigt mit kleinsten und grossen Kunstgegenständen auf eindrückliche Weise, wie der Glaube im 11. bis 16. Jahrhundert gelebt wurde.

Grosser Flügelaltar aus der Kirche in Sta. Maria in Calanca GR. (Bild: HMB Maurice Babey)

 

Die spätgotische Barfüsserkirche in Basel bildet einen passenden Rahmen der neu eingerichteten Ausstellung, die Werke aus der Schweiz, dem Gebiet des Oberrheins und Süddeutschlands präsentiert, und aufzeigt, wie das tägliche Leben im Mittelalter von der Kirche und dem Glauben geprägt war.

Vom Heiligen umgeben

Im Mittelalter war der Glaube allgegenwärtig. Gebete und Rituale hatten einen festen Platz im Leben der Menschen. Heilige galten als himmlische Vermittler, denen man eine besondere Wirkkraft zuschrieb. Für alle Situationen, Stände oder Völker gab es die zuständigen Heiligen, die man anrief. Besonders gross war deren Einfluss am Ort, wo sie begraben waren. Hierher pilgerten viele Menschen, wenn sie Sorgen hatten. Aber auch um von ihren Sünden erlöst oder gesund zu werden, machten sich Menschen zu Wallfahrten auf. Ein eigener Ausstellungsteil zeigt Pilgerzeichen, Hausaltärchen, Andachtsbilder und weitere Gegenstände, die der Andacht zuhause oder unterwegs dienten.

Von Schafen und einem Esel

Auf dem Weg durch die Ausstellung trifft man viele Heiligenfiguren: bekanntere wie Nikolaus von Myra oder den Apostel Jakobus, aber auch weniger bekannte wie z. B. Wendelin. Der Legende nach soll er der Sohn eines irischen Königs gewesen sein. Dieser war mit der Hinwendung seines Sohnes zum Christentum nicht einverstanden und liess ihn Tiere hüten. So finden sich am Fuss der Wendelin-Statue ein Hund, eine Kuh und Schafe.

Zentrale Figur im Glauben war und ist Jesus Christus. Er wird in der Ausstellung auf verschiedenste Weisen dargestellt: als Statue, auf Bildern, am Kreuz usw. Eindrücklich ist die Figur von Jesus auf einem sogenannten Palmesel aus Holz. Diese Figur wurde jeweils am Palmsonntag durch die Strassen gezogen. Weltweit sind nur noch ca. 60 Palmesel aus dem 15. und 16. Jahrhundert erhalten.
Ein Relief, welches das letzte Abendmahl zeigt, gehörte vermutlich zu einem Flügelaltar der Kathedrale in Chur. Ein ausdruckstarkes Detail ist hier Judas Iskariot, der hinter seinem Rücken den Beutel mit den Silberstücken trägt.

Grenzgänger der besonderen Art

Im Zentrum der Ausstellung steht der Calanca-Altar, der zweitgrösste erhaltene Wandelaltar der Schweiz. Dieser wurde 1512 in Memmingen (D) durch Ivo Strigel gefertigt. Die Einzelteile wurden in ölgetränkte Tücher gewickelt und danach in Kisten und Fässer gelegt, um sie beim Transport zu schützen. Auf Ochsenkarren wurden diese Kisten und Fässer in einer zweimonatigen Reise nach Santa Maria im Calancatal GR gebracht, eine Strecke von rund 274 Kilometer. Der Altar musste 1724 einem neuen Altar weichen. 1887 erwarb ihn die Stadt Basel und seit 1894 ist er im Historischen Museum Basel in der Barfüsserkirche ausgestellt.
Ein Film zeigt die Geschichte des Altars auf verständliche und humoristische Weise. Ein anderer Film stellt ebenso vergnüglich die einzelnen Bilder des Altars vor: Auf dem geschlossenen Altarbild sind acht Heilige dargestellt, im Inneren der Altarflügel das Leben Mariens.

Die Ausstellung eignet sich gut, um Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen einen Einblick in die Glaubenswelt früherer Zeiten zu geben. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse müsste die Ausstellung in kleineren Gruppen besucht werden. Dies stellt aber kein Problem dar, da es in der Barfüsserkirche noch weitere interessante Ausstellungen gibt, die parallel besucht werden können.  Aber auch für den persönlichen Kunstgenuss ist die Ausstellung empfehlenswert.

Rosmarie Schärer

 

Glaubenswelten des Mittelalters
Die Ausstellung befindet sich im Historischen Museum Basel – Barfüsserkirche. Barfüsserplatz 7, 4051 Basel. Öffnungszeiten: Di–So 10–17 Uhr. Informationen unter www.hmb.ch

BONUS

Folgende Bonusbeiträge stehen zur Verfügung:

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