Gegen Gewalt gegen Frauen

Über die 57. Session der UNO-Frauenrechtskommission

Mit einer Beteiligung von über 6000 Frauen aus über 600 NGOs war diese Session, die vom 4. bis zum 15. März 2013 in New York stattfand, ein Höhepunkt von Seiten der Zivilgesellschaft. Die Brisanz des Themas «Eliminierung und Prävention von Gewalt gegen Frauen und Mädchen» rief nach vermehrtem Engagement, denn als 2003 die Kommission das Thema «Gewalt gegen Frauen und Menschenrechte» aufgriff, konnten sich die UNO Mitgliedstaaten nicht auf ein Konsensdokument einigen. Differenzen gab es bei den Themen sexuelle Erziehung, sexuelle und reproduktive Rechte und bei Forderungen, dass die Souveränität eines Staates bei traditionellen Sitten sowie kulturellen und religiösen Praktiken über der Geltung der Menschenrechte stehe. Diesmal waren die Frauen der UNO und aus zahlreichen NGOs fest entschlossen, keinen Schritt hinter erreichte Vereinbarungen wie den Beschlüssen von Beijing (1995) zuzulassen. Das diesjährige Schlussdokument ist deshalb ein historischer Schritt im Einsatz für die Rechte und Würde von Frauen und Mädchen. Denn konservative muslimische und römisch-katholische sowie liberale westliche Länder einigten sich, Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen. Laut Michelle Bachelet ignorierten sie harte Einwände von Seiten der Muslimbrüderschaft Ägyptens, welche einen Bruch mit islamischen Prinzipien geltend machte. Doch Bachelet mahnte eindringlich, Worte seien nun mit Taten zu verbinden. Die Regierungen sind verpflichtet, die erzielten Vereinbarungen umzusetzen. Das Schlussdokument ruft auf zu sexueller Selbstbestimmung und -verantwortung, zu sexueller und reproduktiver Gesundheit, zu Zugang zu umfassenden Gesundheitsdiensten bei erlittener Gewalt; für Opfer von Vergewaltigung zu Notfall-Verhütung und Abtreibung unter sicheren Bedingungen, falls solche Dienste in der nationalen Gesetzgebung erlaubt sind. Die Regierungen werden aufgerufen, Gewalt gegen Frauen zu kriminalisieren und die Straflosigkeit von Tätern aufzuheben. Allerdings kam es zu einem Kompromiss in den Verhandlungen, so dass die Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen nicht alle Frauen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Gender-Identität, einschliesst. Ebenfalls fand der Ausdruck «Gewalt in engen Partnerbeziehungen» keine Aufnahme.

Im Church Center neben der UNO mit seinen UN-Büros von christlichen und interreligiösen NGOs, waren die Ecumenical Women (EW) – eine temporäre Struktur christlicher und interreligiöser Frauen – für Empfang, Vorbereitung und Durchführung thematischer Parallelveranstaltungen verantwortlich. Neben den Delegierten der 193 Mitgliedstaaten können an dieser UNO-Kommission Nichtmitgliedsländer und NGO-Delegierte als Vertreter der Zivilgesellschaft teilnehmen. Die Intervention von NGOs gehört zu den Vorschriften der Frauenrechts- Kommission.

Der Ökumenische Rat der Kirchen vertritt als offizielle NGO 580 Millionen Christen. Schon 1992 wandte er sich mit einem Schreiben an den UNOGeneralsekretär: Frauen in verschiedenen internationalen Foren drängen die UNO, anzuerkennen, dass Gewalt gegen Frauen eine Verletzung der grundlegenden Menschenrechte für die Hälfte der Weltbevölkerung bedeute. Er gab seiner Unterstützung aus dem christlichen Verständnis heraus Ausdruck, dass alle menschlichen Wesen Ebenbild Gottes sind. Der ÖRK betonte die Menschenrechte der Frauen und ihre universelle Gültigkeit. Zusammen mit der Weltvereinigung Christlicher Studenten organisierte der ÖRK ein Podium zum gleich lautenden Thema einer im April erschienenen gemeinsamen Publikation «When Pastors Prey». Zugrunde liegt das englische Wortspiel pray/beten – prey/(be)rauben. Das Werk veröffentlicht Studien sowie Rechenschafts- und Zeugenberichte aus fünf Weltregionen, um das Phänomen und die Wurzeln des Missbrauchs von Frauen durch Pfarrer unterschiedlichster Konfessionen aufzuweisen. Mit therapeutischen Hinweisen bietet es Möglichkeiten von Heilung an.

Die offizielle Erklärung des Vatikans betonte mehr die Würde von Frauen und Mädchen. Obwohl ihnen der volle Genuss der Menschenrechte und das Recht auf volle soziale und rechtliche Gleichstellung zugestanden wird, war weniger die Rede von ihren Rechten. Als entwürdigende Praxis wurden u. a. Kinderheirat und erzwungene Abtreibung genannt. Abtreibung wurde auch in Zusammenhang gebracht mit dem Gebrauch von Gewalt: (erlittene) Gewalt mit Gewalt zu vergelten, verstärke das gesellschaftliche Trauma. Vielmehr solle der Zyklus von Gewalt nicht an die nächste Generation übertragen werden.

Neu erhielt die Schweiz einen Sitz in der 45-köpfigen CSW-Kommission, für zwei Jahre auch im Büro der CSW. Die Schweiz will die Themenbereiche Menschenrechte von Frauen, Zugang zu Bildung, wirtschaftliche Unabhängigkeit, sexuelle und reproduktive Rechte, Bekämpfung der häuslichen Gewalt sowie Einbindung der Männer in die Förderung der Gleichstellung vermehrt einbringen, was grösstenteils gelang.

 

Esther R. Suter

Esther R. Suter

Die evangelisch-reformierte Theologin und Pfarrerin Esther R. Suter ist Fachjournalistin SFJ/ASJ und engagiert sich bei UN Geneva als NGO-Representative for International Alliance of Women, bei UN New York als NGO-Representative for International Association for Religious Freedom und ist Vize-Präsidentin der International Association of Liberal Religious Women.