Franz und Franziska Jägerstätter

 Warum gehen die Leute zu Bruder Klaus? Wir spüren: Bei Bruder Klaus sind wir nahe bei Gott und nahe bei den Menschen. Wir können im Ranft zur Ruhe kommen und Kraft schöpfen. In den letzten Jahren ist immer deutlicher Dorothee, die Frau des Niklaus, ins Blickfeld gerückt. Walter Signer schreibt über die Parallelen zur Lebensentscheidung des Ehepaares Franz und Franziska Jägerstätter.

Das Grab der Dorothee von Flüe ist nicht erhalten. Es liegt irgendwo auf dem Friedhof der alten Kirche. An sie und die Kinder erinnert die schöne Bronzestatue von Rolf Brem auf dem Friedhof. Im Kirchenbuch von Sachseln gibt 1488 Erni Anderhalden nach dem Tod von Bruder Klaus zu Protokoll: Klaus habe ihm mehrmals gesagt, er habe von Gott drei grosse Gnaden erhalten, «nämlich des ersten, dass er die Zustimmung von Frau und Kindern zu seinem Einsiedlerleben erlangt». Das Ja der Dorothee also als grösstes Gnadengeschenk. Durch dieses Ja ist Bruder Klaus für viele Menschen und für das ganze Land zum Segen geworden.

Franziska Jägerstätter

Ich habe zu Dorothee Zugang gefunden durch die Begegnung mit Franziska Jägerstätter. Ihr Mann Franz Jägerstätter war Bauer und Mesner in St. Radegund, einem Dorf an der bayrischen Grenze in Oberösterreich. Sein Leben gleicht dem Leben von Bruder Klaus. Jägerstätter war Bauer, Familienvater, politisch engagierter Christ. Von ihm habe ich erstmals l984 durch den Pfarrer von St. Radegund gehört und habe seither den Kontakt zur Familie Jägerstätter behalten.

Als in Deutschland der Nationalsozialismus an die Macht kam, verweigerte Franz Jägerstätter aus Gewissensgründen den Kriegsdienst. Für Hitler zu kämpfen und zu töten, sah er als Sünde an. Es gebe Dinge, wo man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen. Viele versuchten, ihn von seiner Entscheidung abzubringen, denn Kriegsdienstverweigerung bedeutete das Todesurteil. Auch Franziska rang mit ihrem Mann, denn sie hatten drei kleine Töchter. Als sie erkannte, dass Franz mit seiner Entscheidung völlig allein war, gab sie ihr Ja und ging mit ihm den weiteren Weg. Ein umfangreicher Briefwechsel zeigt, wie sie einander gestützt haben bis zur Hinrichtung von Franz am 9. August 1943 im Zuchthaus Brandenburg an der Havel (Berlin). Franziska war 30 Jahre alt und musste jetzt den Bauernbetrieb allein führen und die drei Töchter allein erziehen. Eine harte Zeit, weil viele Leute ihr mit Unverständnis begegneten. Jahrzehnte später hat sie bei ihrem Besuch in Sachseln auf die Bronzestatue von Dorothee gezeigt und gesagt: «Genauso ist es für mich gewesen» (die Statue zeigt Dorothee mit drei kleinen Kindern). Dazu bemerkte sie, dass sie Dorothee öfters beneidete, weil diese jederzeit in den Ranft hinuntersteigen und Niklaus um Rat fragen konnte, sie jedoch nicht. Ihr Franz war tot.

Franz Jägerstätter

Die kirchliche Anerkennung des Lebenszeugnisses von Franz und Franziska Jägerstätter kam erst in den 1980er-Jahren durch die Friedensbewegung. Zuerst in den USA (Vietnamkrieg, Pax Christi), dann auch in Europa. Danach ist die Verehrung gewachsen. Am 26. Oktober 2007 wird Franz Jägerstätter im Dom zu Linz seliggesprochen. Tief berührend war es, wie bei dieser Feier seine Ehefrau als über 90-jährige Witwe mit ihren drei Töchtern dabei sein konnte und die Asche ihres Mannes zum Altar getragen hat.

Niklaus von Flüe und Franz Jägerstätter sind aus der Tiefe ihres Glaubens und Gewissens einen Weg gegangen, den ihre Zeitgenossen oft nicht verstehen konnten oder wollten. Auch ihre Frauen sind diesen Weg mitgegangen. Heilig wird man nicht allein. Dorothee und Franziska sind den Kreuzweg mitgegangen und haben danach die Osterfreude erfahren. Franziska Jägerstätter habe ich erlebt als eine lebensfrohe und humorvolle Frau bis ins hohe Alter von 100 Jahren. Und Dorothee von Flüe wird 1474 vom sächsischen Pilger Hans Waldheim als noch junge und hübsche Frau beschrieben «unter 40 Jahren mit frischem Angesicht und glatter Haut». Dabei war sie damals schon bedeutend älter: Sie hatte zehn Kinder geboren und aufgezogen und ihr Mann war schon seit 7 Jahren Einsiedler im Ranft. Das Leben aus dem Glauben erhält jung!

Lernen wir von diesen beiden Frauen, dass wir den Weg des Partners oder eines Kindes annehmen können, auch wenn er ganz anders verläuft, als wir es erwarten. Das kostet Kraft und Gottvertrauen. Auch die Mutter von Jesus ist diesen Weg gegangen. Er führt immer über das Kreuz, doch am Ende steht der Ostermorgen.

Nachtrag

Franz und Franziska Jägerstätter waren Bauer und Mesner in St. Radegund. Mit der Seligsprechung wuchs aus Kreisen der Mesner in Österreich, Deutschland und der Schweiz der Wunsch, Jägerstätter zusammen mit seiner Frau Franziska zum Patron und der Patronin der Mesner zu wählen.

 

Walter Signer (Bild bruderklaus.com)

Walter Signer

Walter Signer (1946) ist in Teufen (Appenzell Ausserrhoden) aufgewachsen. Theologiestudium in Münster und Jerusalem. 1978 Priesterweihe in St. Gallen. Vikar in Rapperswil. 1981 bis 1986 erstmals in Sachseln. Präses der KAB Schweiz. 1994 bis 2011 Pfarrer in Zürich Altstetten. Bis Herbst 2016 wirkte er als Bruder-Klausen-Kaplan.