Erinnerungen an Ruedi Schmid

Professor, Regens, Generalvikar und beinahe Bischof des Bistums Basel: Rudolf Schmid, einer der grossen Theologen unseres Landes, starb am 25. Februar im Bürgerspital Solothurn.

Rudolf Schmid, der ehemalige Regens und Generalvikar des Bistums Basel, starb im Alter von 89 Jahren. (Bild: fotomtina.ch)

 

Der Gerechte wird sich des HERRN freuen
und auf ihn trauen, und alle frommen Herzen werden sich seiner rühmen.
(Ps 64,11)

Vorbemerkung: Als St. Galler Theologiestudent und Diözesanpriester bin ich Ruedi niemals in einer Position begegnet, wo ich ihn als direkten Vorgesetzten erlebte. Es könnte Kolleginnen oder Kollegen aus dem Bistum Basel geben, die meine Würdigung nicht in allem mittragen. Ich hoffe aber, es finden sich keine!

Ruedi, der Professor

Solche akademische Lehrpersonen sind selten, auch an unseren Fakultäten. Ruedi Schmid arbeitete, lehrte und schrieb für seine Studierenden und nicht einfach so auf der grünen Wiese. Das war nicht «l’art pour l’art» (wie ich sie in den Auslandsemestern erlebte), sondern überlegt und als Handwerkszeug für unsere Arbeit in der Seelsorge geeignet. Auch hatte er die unter Professoren seltene Gabe, auf den Punkt zu kommen und ein Thema in der gebotenen Zeit, die ein Semester umfasst, auch wirklich abzuhandeln. Wenn das Semesterthema etwa die alttestamentliche Weisheitsliteratur war, dann hatten wir nachher wirklich den «Durchblick».

Apropos: Seine Sympathie für die hebräische Sprache, das semitische Denken und auch für den heutigen Staat Israel waren ansteckend.

Ruedi, der Regens

Nach etlichen Jahren wechselte er die Seite, blieb aber exakt derselbe wie vorher. Seine Epoche am Seminar St. Beat stellte wohl rückblickend gewertet das Ende der wilden 68er Jahre auch unter uns Theologinnen und Theologen dar (kurz nach ihm betrat auch Johannes Paul II. die Bühne). Ich hatte die Ehre, «unter» und neben ihm ein Jahr Seminarsprecher zu sein und lernte seine Konsequenz und vor allem seinen Gerechtigkeitssinn schätzen. Dass etwa die liturgischen Elemente des Seminarlebens nur so eine Auswahlsendung nach dem Gusto der Bewohnenden sein sollten, akzeptierte er nicht. Eine Anekdote sei erlaubt: Wenn es sehr spät noch sehr laut im Hause zuging, hatte sich sein Vorgänger noch unters Volk gemischt und mitzechend die Abende verlängert. Ruedi mahnte und erinnerte an den nächsten Morgen. Für einem Sonntagnachmittags-Jass aber war er oft zu haben.

Apropos: Wie freuten wir uns, wenn er wieder einmal in seine Heimat zurückging: Die Leckerli waren uns gewiss!

Ruedi, der Kirchenmann

Als St. Galler Vertreter in der Kommission Bischöfe-Priester begegnete ich ihm wieder. Er war Präsident und natürlich dreisprachig unterwegs. Er moderierte mehr, als dass er dominierte, versuchte die drei Sprach- und Kirchenmentalitäten «einzumitten» (man beachte den Text seines jetzigen Nachfolgers in der vorangegangenen SKZ 05/2021). Er erkannte die Stärken und Schwächen der einzelnen Mitglieder äusserst präzise (der Schreibende kann ein Lied davon singen). Mit Karl Schuler und Josef Pfammatter war er damals auch quasi Teil des Gehirns eines nicht überbordenden, aber selbständigen Deutschschweizer Kirchen-Selbstbewusstseins. Nie vergesse ich seinen Blick, wie ein Bischof uns belehrte, wir könnten beschliessen, was wir wollten, er sei aber nicht gebunden, sich daran zu halten.

Apropos: Genau darum war die Intrige, die ihn 1994 um die Chance brachte, Diözesanbischof zu werden, so verachtenswert.

Ruedi, mit deiner Gradlinigkeit, Ehrlichkeit und Konsequenz, gekoppelt mit feinem Basler Humor hast du viele geprägt. Im Namen dieser Vielen danke ich. Eine Kirche ohne Leute wie dich ist ein trauriger Verein.

Heinz Angehrn