Eintrag schon gemacht?

Kirchliche Stiftungen, die vor dem 1. Januar 2016 bereits bestanden haben, müssen sich bis Ende 2020 ins Handelsregister eintragen lassen.1 Die SKZ hat bei den einzelnen Bistümern nachgefragt.

Im Bistum Basel schrieb Generalvikar Markus Thürig gemeinsam mit den kantonalen Körperschaften in den meisten Bistumskantonen den Leitungen der Pfarreien und den Präsidentinnen und Präsidenten von Stiftungsräten und Kirchgemeinden. Mit dem jeweiligen kantonalen Handelsregisteramt wurden Musterformulare erarbeitet, die auf der Webseite des Bistums Basel aufgeschaltet sind. Generalvikar Thürig rechnet mit rund 300 kirchlichen Stiftungen. Eine genaue Zahl ist zurzeit nicht möglich, da im Rahmen des Handelsregistereintrages Stiftungen aufgehoben oder – wenn möglich – zusammengelegt werden. Wenn der Stiftungszweck nicht mehr zu erfüllen ist, wird die Stiftung aufgehoben. Was mit den Vermögenswerten passiert, ist jeweils im Stiftungsstatut festgelegt. Drei Dutzend Stiftungen dürften schon länger eingetragen sein; zurzeit werden zahlreiche Einträge vorbereitet.

Im Bistum Chur2 existieren vor allem in den Kantonen Glarus, Graubünden, Schwyz und Zürich kirchliche Stiftungen, die ins Handelsregister eingetragen werden müssen. Dabei sind in Graubünden nur die Stiftungen, die im 20. Jahrhundert in den Diasporagebieten geschaffen wurden, eintragungspflichtig. In diesen vier Kantonen wurde zuerst mit dem betreffenden Handelsregisteramt das Einvernehmen über das Vorgehen hergestellt und für alle Kantone je ein Leitfaden für die Eintragung verfasst. Die einzureichenden Dokumente wurden als Word-Text online zur Verfügung gestellt. Im Kanton Schwyz wurde ein Treuhand- und Beratungsbüro mit der Abwicklung der Eintragungen beauftragt, in den Kantonen Uri, Ob- und Nidwalden ein Anwalt. Am 8. November 2019 waren in Zürich etwa die Hälfte der Stiftungen ins Handelsregister eingetragen, ebenso in Uri, Ob- und Nidwalden. Schwyz steht noch am Anfang, ebenfalls Graubünden.3

Im Bistum St. Gallen bestehen rund 15 privatrechtliche kirchliche Stiftungen, die ins Handelsregister eingetragen werden müssen. Gemäss Kanzler Claudius Luterbacher ist die Hälfte davon bereits ins Handelsregister eingetragen worden, bei den übrigen Stiftungen läuft der Prozess zur Eintragung.

Im Bistum Lausanne, Genf und Freiburg wurden den rund 60 Stiftungen brieflich alle nötigen Informationen zugestellt. Einige Stiftungen müssen sich überlegen, ob sich der Handelsregistereintrag für sie lohnt oder ob sie die Stiftung auflösen werden. In solchen Fällen kann ein allfälliges Stiftungsvermögen entweder in eine andere Stiftung mit einem gleichen oder ähnlichen Zweck überführt oder dem Bistum zur Verfügung gestellt werden. Pierre Lukaszewski geht davon aus, dass es ein paar wenige kleinere Stiftungen gibt, die ihm noch nicht bekannt sind. Hier werden Wege gesucht, diese ausfindig zu machen.

Im Bistum Sitten gibt es nur zehn kirchliche Stiftungen. Gemäss Kanzler Stéphane Vergère sind vier davon bereits im Handelsregister eingetragen, die anderen sechs werden Anfang 2020 die nötigen Schritte in Richtung einer Eintragung ins Handelsregister machen.

Dr. Claudius Luterbacher* nimmt nachfolgend zu einigen Fragen Stellung, die sich im Zusammenhang mit einem Eintrag ins Handelsregister stellen können:

Erfüllbarkeit des Stiftungszwecks

Einzelne Stiftungen beschränken sich faktisch seit geraumer Zeit auf die blosse Verwaltung des Stiftungskapitals, da der einmal festgelegte Stiftungszweck kaum mehr erfüllbar ist. Angesichts des zeitlichen und finanziellen Aufwands in Verbindung mit dem Eintrag ins Handelsregister fragen sich die zuständigen Stiftungsräte, ob eine solche Stiftung überhaupt noch haltbar ist. Eine kirchliche Stiftung wird durch das Gericht aufgehoben, wenn «deren Zweck unerreichbar geworden ist und die Stiftung durch eine Änderung der Stiftungsurkunde nicht aufrechterhalten werden kann» (Art. 88 Abs. 1 ZGB). Die Beurteilung der Erreichbarkeit bzw. Unerreichbarkeit des Stiftungszwecks ist in gewissen Fällen nicht eindeutig. Der Stiftungszweck der Unterstützung des Theologiestudiums von Priesteramtskandidaten aus einer kleineren Region beispielsweise ist faktisch für lange Zeit nicht erfüllbar, theoretisch bleibt die Erfüllbarkeit aber noch bestehen. Demgegenüber muss wohl die Errichtung eines katholischen Kindergartens in einem kleinen Dorf eher als unerfüllbarer Stiftungszweck angesehen werden, wenn dieses Dorf seit Langem einen kommunalen Kindergarten führt. In beiden Fällen kann der Stiftungsrat der Aufsichtsbehörde eine moderate Änderung der Stiftungsurkunde vorschlagen, die Aufsichtsbehörde beurteilt schliesslich die Rechtmässigkeit der vorgeschlagenen Änderung. Ist eine Änderung der Stiftungsurkunde nicht möglich und ist der Zweck als unerreichbar einzustufen, beantragt der Stiftungsrat nach der Zustimmung der Aufsichtsbehörde beim zuständigen Gericht die Aufhebung der Stiftung.

Stiftung oder Schenkung?

Vereinzelt stellt sich die Frage, ob Vermögensmassen, die «gestiftet» wurden, als selbstständige Stiftungen i. S. v. Art. 87 ZGB angesehen werden und dementsprechend ins Handelsregister eingetragen werden müssen. Dabei ist zu beachten, dass bloss die Verwendung des Terminus «Stiftung» oder «stiften» noch keine selbstständige Stiftung im Sinne des Zivilgesetzbuches ausmacht. Häufig handelt es sich dabei um die Schenkung eines Vermögens an eine bestehende juristische Person, wobei die Schenkung mit Auflagen verbunden sein kann – zum Beispiel der Einsatz des Vermögens oder dessen Erträge für einen bestimmten Zweck. Fehlen aber dieser Vermögensmasse eine eigene Organisation, eigene Organe und die entsprechende rechtliche Selbstständigkeit, so kann nicht von der Existenz einer kirchlichen Stiftung ausgegangen werden. Es handelt sich dann in der Regel um Schenkungen i. S. v. Art. 239 ff. OR, die (häufig öffentlich beurkundeten) «Stiftungsdokumente» sind in diesen Fällen als Schenkungsurkunde, nicht als Stiftungsurkunde einzustufen. Die Frage der Vollziehbarkeit der mit der Schenkung verbundenen Auflagen wird gemäss den Bestimmungen des OR beurteilt.

Kirchlichkeit des Zwecks

Aus Sicht einer Kirche (insbesondere der katholischen Kirche, in deren Bereich in der Schweiz mit Abstand am meisten kirchliche Stiftungen bestehen) geht die Vorstellung der Kirchlichkeit eines Zwecks darüber hinaus, was im Zivilrecht gemeinhin als kirchliche Zwecksetzung einer Stiftung angesehen wird. Gesprochen mit den drei Grundvollzügen der Kirche – Liturgie, Verkündigung und Diakonie – wären Stiftungen im Zusammenhang mit mindestens einem dieser Grundvollzüge als kirchlich anzusehen. Die Beurteilung hierzu lag bisher letztlich bei der zuständigen Aufsicht über die kirchlichen Stiftungen. Gemäss zivilrechtlicher Übung sind aber nur diejenigen privatrechtlichen Stiftungen als kirchliche Stiftungen anzusehen, die Zwecke verfolgen, die «mittelbar oder unmittelbar dem Glauben an Gott dienen (Gottesdienst mit seinen personellen und sachlichen Grundlagen; kirchliche Lehre usw.) […] ausdrücklich unter Ausschluss von sozialen und karitativen Werken, die durch die Kirchen geschaffen oder verwaltet werden, wie Krankenpflege, allgemeine Erziehungsarbeit usw.»4. Aus dieser möglichen Diskrepanz kann es vorkommen, dass Stiftungen mit einer organisatorischen Verbindung zur Kirche, aber hauptsächlich karitativer Zwecksetzung, die bisher von der Stiftungsaufsicht als kirchliche Stiftungen akzeptiert wurden, nun der staatlichen Stiftungsaufsicht unterstellt werden. Andererseits kann es vorkommen, dass es Handelsregisterämtern schwerfällt, die Kirchlichkeit von Zwecken angemessen zu beurteilen.

Ein Beispiel betrifft die Stiftung im Falle von Wallfahrtsorten. Ein Handelsregisteramt stufte  den Stiftungszweck «Erhalt und Förderung der Wallfahrt» eines bestimmten Wallfahrtsortes (die Stiftung ist Eigentümerin der Wallfahrtskirche sowie der Umgebung, die ebenfalls den spirituellen Zwecken dieses Wallfahrtsortes dient) nicht als kirchlichen Zweck ein. Damit diese Stiftung als kirchliche Stiftung anerkannt werden könne, solle die in der Urkunde festgehaltene Zwecksetzung stärker die Erhaltung der kirchlichen Gebäude und die Pflege des religiösen Kultus betonen. Hier zeigt sich eine doppelte Schwierigkeit: Es ist erstens nicht einleuchtend, weshalb Erhalt und Förderung der Wallfahrt nach den gängigen zivilrechtlichen Kriterien zur Bestimmung der Kirchlichkeit der Zwecksetzung nicht als kirchlicher Zweck gelten sollten. Eine Wallfahrt und ein Wallfahrtsort dienen sowohl mittelbar als auch unmittelbar dem Glauben an Gott. Die Ermöglichung und Förderung derselben sind eindeutig als kirchliche Zwecke anzusehen. Zweitens ist es aus stiftungsrechtlichen Gründen nicht ohne Weiteres möglich, die Zwecksetzung einer Stiftung anzupassen (was vom betreffenden Handelsregister aber als Lösung vorgeschlagen wurde).

Die Klärung solcher Fragen kann als willkommenes Nebenprodukt der neuen Bestimmung des verpflichtenden Handelsregistereintrags kirchlicher Stiftungen angesehen werden.

Claudius Luterbacher

 

1 Siehe dazu den Beitrag «Kirchliche Stiftungen» von Prof. Dr. Dominique Jakob und Lic. iur. Simon Gubler in der SKZ 44/2015.

2 Vollständiger Beitrag siehe Bonus

3 Glarus: 1, Graubünden: 9, Schwyz: 2, Zürich: 48, Uri, Ob- und Nidwalden: 5.

4 Hans Michael Riemer, Berner Kommentar. Die Stiftungen. Systematischer Teil und Art. 80–89 bis ZGB, Bern 1975, Rz 200.

* Dr. Claudius Luterbacher-Maineri (1979) studierte Theologie und Ökonomie in Freiburg i. Ue. Nach einer interdisziplinären Dissertation im Bereich der Wirtschafts- und Sozialethik absolvierte er ein berufsbegleitendes Studium in Kirchen- und Staatskirchenrecht an der Universität Strassburg (F). Seit 2012 ist er Kanzler und Ökonom des Bistums St. Gallen.

BONUS

Folgende Bonusbeiträge stehen zur Verfügung:

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