Ein Pilgerweg entsteht: Felix und Regula

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Ein neuer Pilgerweg wird aus der Taufe gehoben. Keine Tradition spricht je von einem Pilgerweg von ganz hinten im Glarnerland bis nach Zürich, obwohl so viel Verbindendes besteht: historische Fakten, Quellwasser, das den Zürichsee speist; im Tiefsten jene christliche Überlieferung, die aussagt, dass Felix und Regula auf dem Weg ihrer Flucht von St. Maurice durch das Gebirge geflohen und über den Sandpass an die Quelle der Linth gekommen sind und sich an der besagten Quelle ausgeruht haben sollen, von wo sie dann den Weg nach Zürich gefunden haben. Dort sollen sie entdeckt und enthauptet worden sein, begraben an der Stelle, wo heute das Grossmünster steht. Zürich wurde durch die Verehrung dieser Heiligen zu einem der grössten Pilgerzentren in Europa. Keine Reformation konnte in Zürich die Spuren der Verehrung von Felix und Regula verwischen und ebenso wenig die Tradition der Felix-und-Regula-Quelle im Tierfehd bei Linthal zum Verschwinden bringen. Das Staatssiegel von Zürich trägt noch heute die Stadtheiligen.

In diesem Zusammenhang gibt es interessante Hinweise: Im Kreuzgang des Grossmünsters in Zürich gibt es eine Zeittafel mit folgendem Kalendarium: 1525, 11.–13. April: Abschaffung der Messe und Feier des ersten Abendmahls; 1525, 11. September: Zum Felix-und-Regula-Fest strömen 6000 Landleute in die Stadt. Wurde durch Zwingli doch schon 1524 der Heiligenkult abgeschafft und die Kirchenschätze beschlagnahmt – die Reliquien von Felix und Regula mussten nach Andermatt exiliert werden, wo ihre Häupter bis heute in der Pfarrkirche aufbewahrt werden. Die Stadt Zürich hatte zu diesem Zeitpunkt nur 5000 Einwohner. Das macht bewusst, wie sehr Zürich eine Pilgerstadt war. Auf dem Hintergrund der Verehrung der Stadtpatrone ist Zürich gross geworden, nicht nur aufgrund «materieller Faktoren», wie Sigmund Widmer gemeint hat.

In den letzten Jahren hat sich im Kanton Glarus eine neue Realität aufgebaut und vertieft: Katholisch- Zürich und Katholisch-Glarus sind durch das eine Generalvikariat verbunden. Die katholische Kirche im Kanton Glarus ist dankbar, dass auch finanzielle Hilfe möglich ist. Was auf der kirchlichen Ebene geschieht, vollzieht sich auch im politischen und wirtschaftlichen Bereich. Glarus realisiert, wie sehr eine starke Anbindung an Zürich wirtschaftlich und touristisch notwendig ist. Als im Herbst 2012 die Idee Pilgerweg geboren wurde, fand sie im Glarnerland bis hinauf in die Regierung sofort Anklang. Aber auch in Zürich. Ein von Anfang an ökumenisches OK brachte die Sache ins Rollen. Eine wertvolle Homepage entstand in ehrenamtlicher Arbeit: www.pilgerweg-felix-und-regula.ch

Bis Mitte August 2013 haben sich für die Pilgertage vom 19. bis 22. September über 50 Teilnehmende angemeldet. Auf unserem Pilgerweg folgen wir dem Wasser der Linth, das ein Lebensquell für Zürich ist. Welche Bedeutung hat das Wasser doch für uns Menschen! Wir gehen von einer Quelle aus, Symbol für geschenktes Leben, das den Durst von uns Menschen stillt. Wie viel Durst nach dem Eigentlichen ist doch auch heute vorhanden!

Wertvoll, diesen Lebensstrom mit zwei Gestalten zu verbinden, die unserem Land auch geistliches Leben eingehaucht haben. Sie sind mit ihrer Lebenshingabe Quelle geworden für das, was unser Land durch den christlichen Glauben in unsere Zivilisation gebracht hat: Werte wie Freiheit, Wahrheit, Güte, Nächstenliebe, Entscheidung für das Gute. So weit wie möglich folgt die Pilgergruppe den Spuren von Felix und Regula. Die ersten drei Tagesetappen führen zu Fuss vom Tierfehd nach Näfels (30 km), von Näfels über Berg Sion nach Uznach (25 km) und von da nach Busskirch (20 km). In Busskirch verlieren sich die Spuren von Felix und Regula, was dafür spricht, dass sie danach den Wasserweg benutzt haben. So wird auch die Pilgergruppe am vierten Tag mit einem Ledischiff von Busskirch nach Zürich fahren. Wir freuen uns darauf, bei unserer Ankunft von den Teilnehmern am Familiensonntag, den das Pastoralforum kath. Glarus organisiert, empfangen zu werden und am Nachmittag unserem Generalvikar Josef Annen und den kantonalen kirchlichen Gremien begegnen zu dürfen. Ein bedeutsames Zeichen ist die Einladung an die koptischen Christen, die in Felix und Regula in Zürich auf ihre Heiligen gestossen sind.

Pilgern gewinnt immer mehr an Bedeutung. So ist es nicht erstaunlich, dass auch die Idee für den Felix-und-Regula-Pilgerweg viel Zustimmung findet. «Das äusserliche Unterwegssein der Menschen ist Ausdruck eines inneren Unterwegsseins und einer Sehnsucht nach einem guten Ziel der Lebensreise. Denn die Menschen sind umgetrieben von den Fragen, woher sie kommen und wohin sie gehen und wer sie im Licht ihrer Herkunft und Zukunft sind; und die Menschen entdecken im Ringen um Antwort auf diese Fragen, dass sie nur im Unterwegssein wirklich bei sich selbst sein können (...) Wenn wir das ökumenisch tun, kommt darin auch zum Ausdruck, dass Christen ‹immer mehr zueinanderfinden, je mehr sie sich gemeinsam auf den Weg zum Heiligen begeben›» (Kurt Kardinal Koch). Mit unserem Aufbruch stellen wir uns in eine grosse Bewegung und Hoffnung hinein, die Menschen heute erfasst: «Das Ziel der Wallfahrt ist letztlich nicht eine Sehenswürdigkeit, sondern das Aufbrechen hin zum lebendigen Gott» (Papst Benedikt XVI.).

 

Josef Kohler

Josef Kohler

Josef Kohler ist mit einem Teilzeitpensum Pfarrer im Seelsorgeraum Glarus-Süd