Ein katholischer Neuanfang

Mit dem Konkurs des «Giornale del Popolo» verschwand im Frühjahr 2018 die letzte katholische Tageszeitung im Tessin. Im Herbst bot der «Corriere del Ticino» Hand zu einer Lösung.

Die Redaktion des «Catholica»: Federico Anzini, Chiara Gerosa und Laura Quadri (v. l.). (Bild: Cristina Vonzun)

 

Im Mai 2018 wurde die katholische Tageszeitung der italienischsprachigen Schweiz, der «Giornale del Popolo» aus Lugano, nach 92-jähriger Geschichte Opfer eines unvorhergesehenen Ereignisses, das die strukturelle Verschuldung, die schon lange auf der Zeitung lastete, weiter verstärkte: der Konkurs jener Werbeagentur, die für die Zeitung Werbeeinnahmen akquirieren sollte. So musste der Bischof von Lugano Valerio Lazzeri als Herausgeber des «Giornale del Popolo» den Konkurs der Zeitung bekannt geben. Dies nur wenige Monate nach der Trennung des «Giornale del Popolo» von der unabhängigen Tageszeitung «Corriere del Ticino».

Neue Zusammenarbeit

Im Herbst 2018 machte der «Corriere del Ticino» der Diözese einen Vorschlag: Er würde wöchentlich, jeweils in der Samstagausgabe, eine vierseitige Beilage mit dem Namen «Catholica» veröffentlichen. In der Folge hat die Diözese mit der ComEc (Associazione Communicatio Ecclesiae), die für das katholische Medienzentrum der italienischen Schweiz zuständig ist, die Vereinbarung getroffen, dass diese sich um den redaktionellen Inhalt der Beilage kümmern sollte. Gemäss Vereinbarung übernimmt die Diözese Lugano die redaktionellen Kosten, während der «Corriere del Ticino» die Kosten für den Druck und Vertrieb übernimmt und sich um die technischen Aspekte und Informatik kümmert. Der Inhalt der Beilage liegt in der Verantwortung der ComEc und folgt der gleichen redaktionellen Linie wie ihre anderen Multimediaprodukte1: Informationsfreiheit und eine kritische Einstellung in einem Loyalitätsverhältnis zur katholischen Kirche. Die erste Ausgabe des «Catholica» erschien am 12. Januar 2019.

Über das Tessin hinaus

«Catholica» erreicht 110'000 Leser, von denen nur eine Minderheit der kirchlichen Realität nahesteht. Die Inhalte umfassen Informationen und Kommentare zu religiösen und ökumenischen Ereignissen sowie zu Geschehnissen, die einen Bezug zur katholischen Kirche haben. Die Redaktion bezieht dabei die religiösen Nachrichten aus dem Tessin, der Schweiz und der Welt mit ein.

Sie wurde gleich zu Beginn von verschiedenen Lesern aufgefordert, einen aufmerksamen Blick auf die Gesellschaft zu haben und sich mit Themen zu befassen, die einen möglichst grossen Aktualitätsbezug haben. Die Redaktion versucht dies mit ihren bescheidenen Kräften umzusetzen. Sie besteht aus drei Mitarbeitern, die sich ein 110-Prozent-Pensum teilen: aus Chefredaktor Federico Anzini (60 Prozent) und den beiden Redaktorinnen Chiara Gerosa (20 Prozent) und Laura Quadri (30 Prozent). Letztere war bereits Mitarbeiterin beim «Giornale del Popolo».

Nachwehen

Fast alle in der Schweiz wohnhaften Mitarbeiter des ehemaligen «Giornale del Popolo» fanden inzwischen eine neue Arbeit. Einige wurden beim «Corriere del Ticino» angestellt, andere arbeiten als Pressereferenten in öffentlichen Ämtern oder für andere Publikationen. So ist auch der neue Pressesprecher des Bischofs von Lugano, Luca Montagner, ein ehemaliger Angestellter des «Giornale del Popolo».

Vor allem ehemalige Mitarbeiter, die in Italien leben, haben Schwierigkeiten, sich beruflich neu zu orientieren. In der Zwischenzeit hat die Diözese Lugano – dank der Gründung eines entsprechenden Vereins und der Sammlung eines angemessenen Betrages – dafür gesorgt, dass alle Angestellten der ehemaligen katholischen Zeitung eine Abfindung erhalten.

Cristina Vonzun

Bischof Lazzeri über «Catholica»: «Ich bin mit der Beilage ‹Catholica› sehr zufrieden. Dank ihr können wir jenen Teil der Bevölkerung wieder erreichen, der nach der Schliessung des ‹Giornale del Popolo› verwaist war. Ich danke der Geschäftsleitung des ‹Corriere del Ticino›, dass sie uns den Raum gegeben hat, unsere Stimme in der Diözese wieder erklingen zu lassen, und besonders den Mitarbeitern der ComEc, die diese Aufgabe mit Begeisterung übernommen haben.»

 

1 Die Website catt.ch sowie die wöchentlichen katholischen Sendungen, die in Zusammenarbeit mit den öffentlich-rechtlichen Medien produziert und auf RSI ausgestrahlt werden.

 


Cristina Vonzun

Cristina Vonzun (Jg. 1963) ist seit 2014 Direktorin der ComEc. Sie ist Mitglied der Konferenz der Direktoren der Katholischen Medienzentren der Schweiz und der Kommission für Kommunika
tion und Öffentlichkeitsarbeit der Schweizer Bischofskonferenz.

 

BONUS

Folgende Bonusbeiträge stehen zur Verfügung:

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