Ein Augenschein in Rom

(Bild: z.Vg)

Der Petersplatz in Nacht gehüllt – dann waren die erleuchteten Fenster der Papstwohnung im obersten Stock des Apostolischen Palastes bis Ende Februar 2013 bei Anwesenheit des Papstes in Rom zumindest ein klarer Fixpunkt. Der heute abends dunkle Palast ist nun etwas gewöhnungsbedürftig. Es ist ein signifikantes Zeichen dafür, dass sich seit dem 13. März 2013 in Rom bereits einiges geändert hat.

Von den Römern ins Herz geschlossen

Vor und in den Devotionaliengeschäften hat der neue Papst im Gegensatz zum Vatikan das Rennen bereits gewonnen. Die zahlreichen Bilder, Postkarten und eilends gedruckten Papstkalender für das Jahr 2014 beweisen, dass die Römer den Papst aus der Ferne ins Herz geschlossen haben. Auf Platz zwei liegt unübersehbar Johannes Paul II., dessen zweifellos übereilte und in diesem Sinn etwas unkluge Heiligsprechung am Barmherzigkeitssonntag 2014 ansteht. Kaum mehr sichtbar in den Geschäften ist der von seinen Amtspflichten zurückgetretene Benedikt XVI., der weniger populär war als sein polnischer Vorgänger.

Kurie in Wartestellung

Ob die Begeisterung innerhalb der römischen Kurie so gross ist wie bei den Gläubigen ausserhalb der Vatikanmauern, lässt sich nicht so leicht feststellen, wohl aber die Verunsicherung, welche die spontanen Äusserungen und das in seiner Art im Vergleich mit früheren Päpsten ungewohnte Auftreten des neuen Papstes auslösen. Jedenfalls hält Franziskus dank seiner vielen Aktivitäten nicht nur die Schweizergarde, sondern auch seinen Pressesprecher und Ordensbruder Federico Lombardi auf Trab, der sich aufgrund von entstandenen oder in den Medien bewusst produzierten Missverständnissen im Einzelfall genötigt sah, Dinge klarzustellen.

«Beunruhigende» Kurienreform

Auch bei Kurienmitarbeitenden, die dem neuen Papst gut gesinnt sind, ist eine gewisse Unruhe und ein Abwarten festzustellen. Klar ist, dass die noch nicht einmal in Ansätzen erkennbare Kurienreform mehr werden dürfte als die kleineren Veränderungen, welche die Päpste vor Franziskus vorgenommen haben. Ziel dieser Reform ist dem Vernehmen nach eine Verschlankung der kurialen Verwaltung und eine Neudefinition des bisher sehr mächtigen, ja geradezu omnipotenten Staatssekretariates.

Die Kurie soll offensichtlich mehr zu einer Kollegialbehörde werden, die den einzelnen Diözesen zudient. Offensichtlich ist auch, dass die nicht nur durch Franziskus selbst beklagte, sondern auch von geradlinigen Kurienmitarbeitern herbeigewünschte «Ausmistung» der vatikanischen Schattenwirtschaft ansteht. Die Unruhe im Vatikan selbst dürfte zukünftig noch grösser werden – jetzt noch mit offenem Ausgang. Hoffentlich wird Franziskus auch dort auf Platz eins stehen!

Urban Fink-Wagner

Urban Fink-Wagner

Der Historiker und promovierte Theologe Urban Fink-Wagner, 2004 bis 2016 Redaktionsleiter der SKZ, ist Geschäftsführer der Inländischen Mission.