«Der christliche Glaube hat die Kraft, unsere Kirche und die Welt zu erneuern.»

Glaubensvermittlung, Evangelisation oder Glaubens­erneuerung haben alle das gleiche Anliegen: Menschen den christlichen Glauben wieder näherzubringen, damit sie Kirche leben und die Kirche mitgestalten. Zurzeit gibt es verschiedene Kurse. Einige sind altbekannt, andere neue Initiativen, manche werden als traditioneller Kurs vor Ort gestaltet, manche via soziale Medien durchgeführt. Matthias Willauer-Honegger von der Arbeitsstelle für Glaubens-Erneuerung setzt sich beruflich mit Glaubensvermittlung auseinander.

Matthias Willauer-Honegger (Jg. 1988) leitet seit drei Jahren die Arbeitsstelle für Glaubens-Erneuerung. Er ist zudem Leiter der Deutschfreiburger Fachstelle Katechese. Er ist verheiratet und Vater eines Kindes. (Bild: zvg)

 

SKZ: Sie leiten die Arbeitsstelle für Glaubens-Erneuerung. Was genau ist Ihr Auftrag?
Matthias Willauer-Honegger: Das Anliegen der Arbeitsstelle ist seit ihrer Gründung 1995 immer das gleiche geblieben: Für Erwachsene Angebote zu erstellen und anzubieten, mit denen sie vor Ort in Pfarreien, Gemeinschaften, Gruppierungen den christlichen Glauben kennenlernen und vertiefen können.

Wie ist die Arbeitsstelle entstanden?
Man hatte den Eindruck, dass in den Pfarreien sehr viel in die Entdeckung und Vertiefung des Glaubens für Kinder und Jugendliche investiert wird. Man denke hier nur an den bis heute grossen Aufwand für den Religionsunterricht oder die Sakramentenvorbereitung. Doch der Mensch ist den grössten Teil seines Lebens im Erwachsenenalter. Die Erwachsenenkatechese wird nicht überall gleich abgedeckt, sei es aus Ressourcengründen, sei es aufgrund fehlendender Sensibilisierung. Deshalb wurde diese Arbeitsstelle gegründet und aus diesem Grund besteht sie bis heute noch. Wir möchten Möglichkeiten aufzeigen und anbieten, wie man Erwachsene mit dem christlichen Glauben ansprechen kann, überall dort, wo Pfarreien und Gemeinschaften froh sind, wenn sie in diesem Bereich eine gewisse Unterstützung erhalten oder auf Erfahrungen zurückgreifen können. Wir freuen uns, wenn wir dann mit ihnen ein kleines Wegstück gehen und vielleicht auch gewisse Impulse setzen können. Dabei haben wir festgestellt, dass es für eine Pfarrei sehr oft eine Hilfe oder Erleichterung sein kann, wenn solche Impulse von aussen kommen. Dies nicht, weil wir alles wüssten oder Experten sind. Es kann aber hilfreich sein, wenn z. B. eine Kursleitung von aussen eingeladen wird und nicht alles über die Seelsorgenden läuft, mit denen man sowieso schon ständig zu tun hat. Wir verstehen uns als Impulssetzer, die ein gewisses Wegstück mit einer Gruppe oder Pfarrei mitgehen und Material zur Verfügung stellen, sie dann aber wieder alleine weiterziehen lassen.

Die Arbeitsstelle wurde in Zusammenarbeit mit dem Bistum Basel gegründet. Warum?
Der Sitz des Vereins war immer im Kanton Luzern, aktuell ist er in Neuenkirch. Es war den Verantwortlichen von Anfang an wichtig, in die offizielle kirchliche Landschaft integriert zu sein. Deshalb suchte man das Gespräch mit dem Bischof von Basel und erhielt auch seine Unterstützung. Unsere Tätigkeit hat sich dann aber sehr schnell in die anderen Bistümer ausgeweitet. Die Bischöfe dieser Diözesen bringen uns auch Wohlwollen entgegen, doch wir haben sicher eine stärkere Verwurzlung im Bistum Basel.

Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus?
Ein Schwerpunkt ist das Pastoralkonzept «Wege erwachsenen Glaubens», bei dessen Entwicklung wir beteiligt waren.1 So haben wir z. B. bei dem kürzlich erschienenen Vertiefungskurs über den Heiligen Geist intensiv mitgearbeitet. Im Zusammenhang mit diesem Pastoralkonzept bieten wir einerseits Materialien an, andererseits arbeiten wir mit Interessierten zusammen und versuchen, passende Wege anzubieten. Am Wort «Weg» kommt unsere Arbeitsstelle nicht vorbei, da wir Erwachsenen nicht punktuelle Events oder Vorträge, sondern Wege anbieten möchten, auf denen sie ihren Glauben kennenlernen, neu kennenlernen oder vertiefen können. Dafür entwickeln wir Glaubenskurse und führen sie auch durch. Diese Kurse wollen ein solches Wegangebot aufzeigen und Erwachsene, die das wünschen, können mitgehen. Wenn ein Wegstück zu Ende geht, zeigen wir Möglichkeiten auf, wie der Weg weitergehen könnte. Für einige hört der Weg hier auf, andere gehen einen Weg, mit dem wir nichts mehr zu tun haben, und für manche geht der Weg mit uns weiter, entweder mit einem anderen Angebot von uns oder mit Materialien z. B. für Kleingruppentreffen. Unser Anliegen ist es, dass zyklisch immer wieder Angebote stattfinden. So findet vielleicht ein paar Jahre später wieder ein Glaubenskurs statt – mit uns oder mit dem Pfarreiteam.

Beraten Sie auch?
Mit fast jeder Anfrage ist vorausgehend auch eine Beratung verbunden. Die wenigsten Pfarreien kommen mit einer Anfrage für einen konkreten Kurs oder für ein konkretes Referat. Manchmal rufen auch Pfarreiverantwortliche an, die von uns gehört haben und einfach wissen möchten, was wir anbieten. Daraus kann je nachdem ein Treffen mit dem Pfarreiteam oder auch dem Pfarreirat entstehen, an dem sich etwas Konkretes herauskristallisiert.

Sie setzten bei den Erwachsenen an. Wäre es nicht sinnvoller, in der Familienpastoral anzusetzen? Bei der Taufe oder Erstkommunion kommt man direkt in den Kontakt mit den Eltern.
Eltern, die über die Taufe oder Erstkommunion ihres Kindes mit der Kirche verbunden sind, sollten unbedingt abgeholt werden. Das entspricht unserer Intention und wir bieten auch Kurse an, die hier zum Einsatz kommen können. Was machbar oder sinnvoll ist, muss immer vor Ort beurteilt werden. Eltern sind wichtige Partner, doch es gibt auch Erwachsene, die keine Eltern sind. Diese dürfen nicht vergessen werden.

Ihre Arbeitsstelle gibt es seit 26 Jahren. Was hat sich in diesen Jahren geändert?
In den letzten Jahren kamen vermehrt Anfragen aus Pfarreien und Gemeinschaften, die uns zu einem Impulstag oder Einkehrwochenende einladen, damit wir einen kleineren Anstoss geben können. Gehäuft haben sich Anfragen für Einkehrtage, um den Heiligen Geist zu entdecken. Diese sind dann eine Mischung zwischen Impuls, Gebet und Kleingruppentreffen. Eine sichtbare Veränderung liegt in der Zahl der Teilnehmenden. Bis etwa vor zehn Jahren haben Glaubenskurse mit über hundert Teilnehmenden stattgefunden, heute ist das eher eine Ausnahme. Während man früher auf eine grosse Kerngemeinde zurückgreifen konnte, geht es heute mehr darum, sich zu überlegen, wie man Menschen, die nur punktuell mit der Pfarrei verbunden sind, ansprechen und zu dieser Entdeckungsreise des Glaubens animieren kann. Und schlussendlich hat sich in den letzten Jahren die ganze Fragestellung zu dieser Thematik geändert: Zu Beginn war es ein Anliegen, in die Pfarreien zu gehen und die bestehenden Strukturen zu nutzen. Als ich vor acht Jahren mit der Arbeit begann, merkte ich rasch, dass nicht nur aus Pfarreien Anfragen kamen, sondern dass auch in Gemeinschaften, Bewegungen oder Gebetsgruppen eine Sehnsucht besteht, im Glauben zu wachsen. So haben wir unseren Namen von «Arbeitsstelle für Pfarrei-Erneuerung» in «Arbeitsstelle für Glaubens-Erneuerung» geändert. Wir möchten den Geist, das Feuer der Erneuerung in die Kirche bringen, sei es in eine Pfarrei, sei es in eine Gruppierung.

Wir haben jetzt öfters das Wort Glaubenserneuerung gehört. Was verstehen Sie unter Glaubenserneuerung?
Glaubenserneuerung heisst für mich, dass sich der Glaube immer wieder erneuern muss, wie sich auch eine Beziehung immer wieder erneuern muss. Lässt man diese einfach laufen, rostet sie ein. Wenn der Glaube lebendig bleiben will, muss er sich immer wieder erneuern. Gleichzeitig bin ich der Überzeugung, dass der christliche Glaube Kraft hat, unsere Kirche und die Welt zu erneuern und zum Positiven zu wandeln. Und dazu möchten wir von der Arbeitsstelle einen Beitrag leisten.

Es gibt verschiedene Aufbrüche in der Kirche. Wie sieht die Vernetzung aus?
Vernetzung ist wichtig und uns ein grosses Anliegen. Das heisst aber nicht, dass es zum Schluss ein Einheitsgebilde geben muss, das unter einem gemeinsamen Namen auftritt. Wir haben zwar ähnliche Anliegen wie andere Initiativen oder Gruppen, aber unterschiedliche Schwerpunkte. Die einen setzen mehr auf Neue Medien, die anderen auf Liturgie. Es funktioniert aber nur, wenn wir zusammenarbeiten, uns gegenseitig unterstützen und so an dem einen Reich Gottes mitbauen.

Was trauen Sie der Erwachsenenkatechese auch in Zukunft zu?
Ich meine, dass Glaubenskommunikation mit resp. Katechese von Erwachsenen elementar wichtig ist und auch in Zukunft sein wird. Eine Erneuerung der Kirche wird meiner Meinung nach mitunter über die Erwachsenen geschehen. Kinder und Jugendliche können erst dann eine Heimat in der Kirche finden, wenn sie Erwachsene haben, die mit ihnen Kirche leben und so mit ihnen zusammen Kirche als Heimat gestalten und erfahren lassen.

Interview: Rosmarie Schärer

 

1 Zu «Wege erwachsenen Glaubens» siehe Beitrag hier.

Informationen zur Arbeitsstelle unter www.glaubens-erneuerung.ch