«Das Buch ist ein Puzzlestück»

Zwei junge Ordensmänner haben einen Berufungsguide zum Ordensleben geschrieben. Allgemeine Informationen, praktische Hinweise und spirituelle Impulse bieten eine Hilfe für Männer auf der Suche nach ihrem Weg.

P. Thomas Fässler (Jg. 1984) ist seit 2006 Mönch des Benediktinerklosters Einsiedeln. Er unterrichtet an der klösterlichen Stiftsschule Geschichte und Latein, wo er auch als Schulseelsorger tätig und für die Ministranten zuständig ist. Des Weiteren koordiniert er den internationalen Freiwilligendienst «Klosterzeit» (www.klosterzeit.org) und betreut den Instagram-Kanal des Klosters. (Bild: zvg)

 

SKZ: Wie entstand die Idee zu diesem Buch?
Thomas Fässler OSB: Wenn Menschen mit Ordensleuten reden, werden die Gespräche oft sehr schnell sehr tief. Dieses Vertrauen berührt mich immer wieder. Bei Jugendanlässen, aber auch bei anderen Gelegenheiten, drehen sich die Gespräche oft um die Frage: Was will ich später einmal machen? Die Menschen möchten glücklich sein und suchen den Weg dahin. Leider hat man aber in dieser Situation oft keine Zeit für ein längeres Gespräch. Und wenn ich umgekehrt alles erzähle, was mir wichtig ist, dann wäre es zu viel. Gerne hätte ich deshalb schon oft nach einem Gespräch meinem Gegenüber ein Buch oder einen Text in die Hand gedrückt und gesagt: «Schau, jetzt kannst du in aller Ruhe und in deinem Rhythmus lesen.» Im deutschsprachigen Raum fand ich kein entsprechendes Buch. Da es mir ein Herzensanliegen war, kam ich nicht drum herum, selber etwas zu machen. Abt Urban Federer fand die Idee spannend und so kam das Ganze ins Rollen.

Warum lautet der Titel «Himmelsstürmer»?
P. Philipp und ich sprechen gerne in Bildern. Wir wollten eine aufsteigende Bewegung im Titel haben, Richtung Himmel, Richtung Gott. Zunächst dachten wir an «Gipfelstürmer». Hier gefiel uns die Idee, dass man in den Bergen meist nicht allein unterwegs ist, auf alpinen Wegen gehört man einer Seilschaft an, ist also miteinander verbunden. Einer geht voraus, dem man vertraut, dass er die Gruppe an den richtigen Ort führen wird. Von Gipfelstürmer kam es dann zum Himmelsstürmer.

Was möchten Sie mit diesem Buch erreichen?
Uns geht es nicht darum, irgendwelche Klöster zu füllen (Lacht). Wir möchten, dass alle ihren Weg finden, sei es ausserhalb oder innerhalb eines Klosters. Aber jetzt spezifisch für die Menschen, die sich ein Leben im Kloster vorstellen könnten: Dass sie in dieser Frage ein wenig Klarheit erhalten. Das Buch ist ein Puzzlestück eines längeren Prozesses. Wir geben im Buch auch praktische Tipps. So empfehlen wir beispielsweise, sich einen geistlichen Begleiter zu suchen. Wir möchten Menschen, die angesichts dieser grossen Frage etwas verloren sind, Hand bieten.

Auf der Webseite zum Buch sind auch Gemeinschaften aus dem deutschsprachigen Ausland. Nach welchen Kriterien wurden die Gemeinschaften ausgewählt?
Wir wollten ein Buch, in dem verschiedene konkrete Orden und Gemeinschaften zu Sprache kommen, sodass quasi ein Gemeinschaftswerk entsteht. Wir haben die Vereinigungen der Ordensoberen in der Schweiz, Deutschland und Österreich angeschrieben und sie gebeten, ihre Mitglieder zum Mitmachen einzuladen. Da wir aber im Buch pro Ordenskategorie nur eine bestimmte Anzahl aufführen konnten, konnten sich einige Gemeinschaften nur auf unserer Webseite vorstellen. Im «Ordensgenerator» haben wir von uns aus noch Gemeinschaften angegeben, die sich zwar bei uns nicht gemeldet haben, die aber zu einer dieser Kategorien gehören.

Der Ordensgenerator soll helfen, den «passenden» Orden zu finden. Wie entstanden die Fragen dazu?
Die Ordensgemeinschaften sind zum Teil ganz unterschiedlich. So gibt es beispielsweise Orden, deren Mitglieder im Laufe ihres Lebens immer wieder den Ort wechseln, während andere die Stabilitas loci kennen. Solche Grundunterschiede haben wir versucht, in unseren Fragen aufzugreifen.

Auf der Webseite besteht die Möglichkeit, untereinander in Kontakt zu treten.
Männer, die sich vorstellen können, ein Leben als Ordensmann zu führen, haben nicht selten das Gefühl, mit diesem Gedanken völlig allein dazustehen. Dem ist aber nicht so. Genau dies möchte die Webseite zeigen, indem sie die Möglichkeit bietet, ein Profil mit Angaben über sich selbst zu erstellen. Dabei entdeckt man vielleicht jemanden ganz in der Nähe, der mit derselben Frage ringt, wobei man über Chatfunktion miteinander in Verbindung treten, sich austauschen und sich gegenseitig unterstützen kann. Wenn dies geschieht, wäre dies grossartig.

Ist auch ein Treffen mit Interessierten geplant?
Ja, vom 22. bis 24. April 2022. Dieses Wochenende für Männer bis Anfang 30 findet bei uns in Einsiedeln statt. Auf dem Programm stehen Vorträge, Workshops, Austausch und Gebet. Das Ziel dieser Tage ist es, Ordensinteressierte miteinander in Kontakt zu bringen, ihnen einen vertiefteren Einblick ins Ordensleben zu bieten sowie Instrumente zur Hand zu geben, die auf der Suche nach der eigenen Berufung sowie dem Weg der Entscheidung hilfreich sind. Damit dies klappt, ja damit das Buch überhaupt zu den «richtigen» Leuten kommt, sind wir auf die Unterstützung vieler angewiesen, die erkennen, dass es uns Autoren überhaupt nicht darum geht, unser eigenes Kloster zu füllen. Wir machten uns wirklich selbstlos an die Arbeit, um Menschen zu helfen, ihre Berufung zu entdecken. Unter verschiedenen Orden, ja selbst innerhalb eines Ordens, herrscht häufig eine Art Gärtchen-, wenn nicht gar Konkurrenzdenken. Es wäre grossartig, dies zum Wohle der Suchenden überwinden zu können.

Ist das Buch auch für Frauen auf der Suche empfehlenswert?
Im ersten Teil des Buches gehen wir auf die Frage ein, was Berufung ist. Hier können sicher Frauen, aber auch Männer ohne eine Berufung zum Ordensleben, vieles herausnehmen. Wir haben uns lange überlegt, ob es passend ist, ein Buch nur für Männer zu schreiben. Wir kennen aber vor allem die männliche Spiritualität sowie die Situation in Männerklöstern. Ich glaube, weibliche Spiritualität ist anders, auch die Situation in Frauenklöstern ist eine andere. Wir fanden es deshalb vermessen, als Männer über Frauen zu schreiben. Ein gemeinsames Projekt mit Frauen wiederum hätte das Buch zu umfangreich gemacht. Es wäre aber natürlich grossartig, wenn sich Ordensfrauen von der Idee angesprochen fühlen und selbst ein Buch schreiben würden.

Interview: Rosmarie Schärer

 

Trilogie: Neben dem Buch existiert auch eine Webseite mit Hinweisen zu aktuellen Angeboten, Berufungsgeschichten oder einem Ordensgenerator. Ordensinteressierte können darauf ein Profil erstellen, um sich untereinander zu vernetzen. Ein Treffen vom 22. bis 24. April 2022 komplettiert die Trilogie. www.himmels-stuermer.org

Buchempfehlung: «Himmelstürmer. Berufungsguide zum Ordensleben». Von Thomas Fässler und Philipp Steiner. Freiburg i. Br. 2021. ISBN 978-3-451-39069-2, CHF 31.90. www.herder.de