Christinnen und Christen in China

Torbogen in Xidi, Huangshan, Provinz Anhui, China. (Bild: Klaus Pichler, Lachen SZ)

 

Kurz vor meinem 30. Geburtstag im Sommer 1988 reiste ich zum ersten Mal ins Reich der Mitte. Auf der Fahrt von Datong zum Wutai Shan, einem der vier heiligen Berge des Buddhismus im alten China, sahen wir jahrtausendealte Klöster, Tempelanlagen buddhistischen und daoistischen Ursprungs und begegneten Menschen, die wohl noch nie «Langnasen» gesehen hatten und uns neugierig anblickten. Durch Kontakte des Fastenopfers konnte ich in Shanghai Bischof Jin Lu-Xian treffen und das Priesterseminar von Sheshan besichtigen. Ich war beeindruckt davon, was im kommunistischen China möglich war, zugleich aber auch traurig über die Spaltung der katholischen Kirche. Eine innere Verbundenheit mit dem Milliardenvolk und ganz besonders mit seinen Christen hat mich bis 2008 immer wieder nach China gebracht.

Das erste Jahrzehnt der Parteiführung durch Deng Xiaoping (1979–1989) war eine Zeit des Aufbruchs und der Öffnung. Neben den politischen und wirtschaftlichen Reformen war auch ein geistiger Umbruch spürbar. Der 1986 gegründete ökumenische Arbeitskreis Schweiz-China stellte hierzulande ein steigendes kirchliches Interesse an China und dem Christentum im Reich der Mitte fest und die Bereitschaft, in einen aktiven Austausch zu treten und die Kirchen, soweit möglich und vom Staat geduldet, finanziell zu unterstützen. Bei Reisen nach China, dem Empfang offizieller kirchlicher Delegationen aus China und europäischen Symposien mit chinesischen Referenten wurden neue Freundschaften geknüpft.

Kaum eine Gesellschaft hat sich seit Ausbruch der Pandemie derart verändert wie die chinesische. Und Chinas Grenzen bleiben wohl noch zwei weitere Jahre für Touristen geschlossen. So sind die meisten Kontakte auf den virtuellen Raum beschränkt, der schon vor der Pandemie rege benutzt wurde – trotz der Kontrolle. Neben bedrückenden Nachrichten aus den Kirchen Chinas, deren Gotteshäuser noch mehrheitlich geschlossen sind und deren Aktivitäten stark eingeschränkt wurden, gibt es hoffnungsvolle Berichte, wie z. B. von P. Stephan Rothlin, der bei seinen Vorlesungen über Katholische Soziallehre im nationalen Priesterseminar in Beijing beeindruckt ist vom grossen Interesse der 70 jungen Männer. Das Christentum in China lebt – auch unter sehr schwierigen Bedingungen. Wir von der ökumenischen Gesellschaft Schweiz-China setzen jedes Jahr mit dem China-Tag im und ums Kloster Einsiedeln im Mai ein Zeichen unserer Freundschaft und Solidarität mit den Christen Chinas. Der von Papst Benedikt VI. auf den 24. Mai gelegte Gebetstag für China ist eine jährlich wiederkehrende Einladung an uns alle, durchs Gebet und unser Interesse daran mitzuwirken, dass das Tor zu China und Chinas Christen offenbleibt.

Brigitte Fischer Züger*

 

* Dr. theol. Brigitte Fischer Züger (Jg. 1958) ist seit 2021 Bereichsleiterin Personal für die Urschweiz und Italienischbünden sowie Bischofsrätin und Co-Leiterin der diözesanen Stabstelle Personal. Sie ist Co-Präsidentin der ökumenischen Gesellschaft Schweiz-China.