Gut drei Millionen Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen finden auf der Arabischen Halbinsel Arbeit und Auskommen. Hier können sie ihr Brot verdienen; hierher sind sie zugereist aus den Philippinen, aus Indien und Sri Lanka, aus Madagaskar, Ägypten, Nepal und weiteren Ländern. Die römischen Katholikinnen und Katholiken bilden die grösste christliche Gruppe neben den Anglikanern, orientalischen Christen und anderen. Zusammen mit ehren- und hauptamtlichen Laien, mit über tausend Katechetinnen und Katecheten sowie mit 140 Priestern, 65 Ordensschwestern und den beiden Apostolischen Vikaren Bischof Paolo Martinelli (*1958), zuständig für die südlichen Länder Jemen, UAE und Oman, und Bischof Aldo Berardi (*1963) OSsT, zuständig für die nördlichen Länder Kuwait, Saudi-Arabien, Qatar und Bahrain, bilden sie eine lebendige Migrantenkirche. Die Mehrzahl der Migrantinnen und Migranten arbeitet in untergeordneten Anstellungen als Bedienstete der einheimischen Araberinnen und Araber. Viele sind durch Vermittler angeworben worden, die das «Kafala-System» beachten, und die formalen Angelegenheiten der Migranten regeln, die leider auch die Pässe zurückhalten (können) und damit Macht ausüben bis hin zur Verunmöglichung einer Kündigung.
Auf der Arabischen Halbinsel leben Christinnen und Christen in der Regel Tür an Tür mit Musliminnen und Muslimen verschiedener Richtungen. Sie kennen den sunnitischen Islam wahhabitischer Prägung gemäss strenger Scharia und auch viele Schiiten und Ibaditen. Atmosphärisch bestimmend ist der über Lautsprecher verkündete Muezzinruf anlässlich der Gebetszeiten. Die Kirchen der Christen indessen weisen in der Regel weder Kirchtürme noch Glockengeläute auf. Während der «Dialog des Lebens» den Alltag prägt zwischen Angehörigen diverser Religionen und Konfessionen, so behindert das wirtschaftliche Gefälle auf der Halbinsel einen «Dialog auf Augenhöhe». Gewiss, es herrscht keine Verfolgung (abgesehen von Christen, welche Bibeln verteilen möchten), aber doch ein Nebeneinander der religiösen Kulturen. In den letzten 20 Jahren haben sich die Bewohner der Arabischen Halbinsel sichtlich gegenüber Europa und Amerika geöffnet. Im Unterschied zu Iran, Syrien und Afghanistan ist die Stellung der Frau in Arabien verbessert worden, wenn auch dort 90 Mio. Menschen patriarchal geleitet und bestimmt werden und die Religionsfreiheit nicht selbstverständlich ist. Es gibt immer noch Vollzüge der Todesstrafe.
Die Christinnen und Christen haben in ihren Kirchen eine zweite Heimat gefunden. Sie besuchen fleissig die Gottesdienste und nehmen an kulturellen, sozialen und bildungsbezogenen Veranstaltungen der kirchlichen Gemeinden teil. Eine kirchliche Jugendarbeit hält vielen Jugendlichen sinnvolle Freizeitangebote bereit. Gewalt und Verfolgung von Christen hat es in Jemen und Saudi-Arabien gegeben. Die grossen Städte Mekka und Medina, die Wiege des Islams, sind Christen nicht zugänglich. Stattdessen konnten diese kirchliche Zentren aufbauen, deren Grundstücke ihnen von den Machthabern Arabiens eigens zur Verfügung gestellt wurden. Täglich und besonders von Freitag bis Sonntag werden in diesen Zentren Gottesdienste in verschiedenen Sprachen gefeiert. Die pastorale Sorge ist seit dem 17. Jahrhundert den Kapuzinern und seit dem 20. Jahrhundert den Gomboni-Missionaren und Weltpriestern übertragen.
Bischof Paul Hinder leistete von 2004 bis 2023 wertvolle Aufbauarbeit und knüpfte mit den Königshäusern verlässliche Beziehungen. Dank ihm und Weiteren wurden die beiden Papstbesuche in Abu-Dhabi (2019) und Bahrain (2022) möglich. Er weihte in 19 Jahren zehn Pfarreien in Arabien ein. In Jemen wurde eine Kirche zerstört und das Leben in zwei Gemeinden war nicht mehr möglich. In Saudi-Arabien bildete sich eine Untergrundkirche mit vielen Gläubigen und mehreren unerkannten Priestern.
Stephan Leimgruber*