Bücher

Säkularisierung

Christian Peters / Roland Löffler (Hrsg.): Der Westen und seine Religionen. Was kommt nach der Säkularisierung? (Verlag Herder) Freiburg i. Br. u. a. 2010, 220 Seiten.

Dass wir ins Zeitalter der Postsäkularisierung eingetreten sind, ist heute Allgemeingut, zumindest in einer sozialwissenschaftlich informierten Öffentlichkeit. Der hier anzuzeigende Sammelband klinkt sich in diese Diskussion ein und vereinigt verschiedene Beitrage aus politischer (Wolfgang Schäuble, als zeitweiliger Innenminister auch für den religionspolitischen Dialog in der deutschen Gesellschaft zuständig) und sozialwissenschaftlicher Warte. Mit drei Bildbeschreibungen von Navid Kermani dokumentiert es am Schluss auch einen Streit, den Karl Kardinal Lehmann mit seiner Einsprache gegen die Verleihung des Hessischen Kulturpreises an den deutsch-iranischen Autor ausgelöst hat. Der beste Text ist derjenige von Hans Joas über Religion und Gewalt. Wer wenig Zeit hat, lese zumindest diesen Beitrag. Joas analytischer, souveräner Duktus wirkt geradezu als Gegengift zu den süffisant formulierten Halbwahrheiten, mit denen etwa Sloterdijk in «Gottes Eifer» Gegenaufklärung praktiziert und damit leider ein grösseres Publikum erreicht hat. Francesco Papagni

Moral in Italien

Roberta de Monticelli: La questione morale. (Raffaello Cortina Editore) Milano 2010, 186 Seiten.

Dieses Buch ist halb Pamphlet halb philosophischer Traktat. Einerseits will es erklären, wie Italien in den aktuellen politischmoralischen Sumpf geraten konnte, andererseits will es einen philosophischen Ausgang weisen, indem es nämlich eine objektive Begründung von Moral andeutet. De Monticelli holt weit aus, geht in die Renaissance zurück, wo Francesco Guicciardini den servilen und opportunistischen Charakter seiner Landsleute beschrieb. Und tatsächlich bekommt man beim Lesen den Eindruck, Guicciardini beschreibe Lakaien Berlusconis. Aber so faszinierend diese Ausführungen sind, so unhistorisch ist es, einen Volkscharakter anzunehmen, der über die Jahrhunderte unverändert bliebe, zumal in einem Land, dessen Territorien eine ganz unterschiedliche Geschichte gekannt haben. Die Autorin weiss überdies auch die Ursache für diese italienische Unmündigkeit: natürlich die katholische Kirche mit ihrem Autoritarismus und Paternalismus. Zuletzt verweist de Monticelli auf eine Moralbegründung, die Husserl in seinen Vorlesungen entwickelt haben soll, ohne diese zu rekonstruieren. Das Buch ist ein repräsentatives Beispiel für das Malaise im Berlusconi-Italien, bedenkenswert, aber nicht überzeugend. Francesco Papagni

Psalmen

Georg Braulik: Psalmen beten mit dem Benediktinischen Antiphonale (= Österreichische Biblische Studien, Band 40). (Peter Lang) Wien u. a. 2011, 162 Seiten.

Das Buch ist nicht nur für Frauen und Männer der Benediktinischen Ordensgemeinschaft interessant. Man findet hier grundlegende Einsichten der neueren Exegese zum Thema. Ein wichtiger Anstoss für die Neuorientierung in der Beschäftigung mit den Psalmen kam zwar vom Benediktinerpater aus dem Kloster Disentis, Notker Füglister; doch die weiterführenden Arbeiten von Erich Zenger und F .-L. Hossfeld haben das Verständnis für den Umgang mit dem Psalmen als Lese-, Meditations- und Gebetstexte ebenso erweitert. Von den fünf Artikeln des vorliegenden Buches geben besonders der erste (Rezeptionsästhetik, kanonische Intertextualität und unsere Meditation des Psalters) und der letzte (Psalter und Messias) einen hervorragenden Einblick in diesen Neuaufbruch. Problemkreise wie der Einzelpsalm und der Psalter als Ganzes, die Psalmen im Horizont der kanonischen Exegese, soziologische Bedeutung des Psalmengebetes, messianisch-christologische Sicht der Psalmen und vieles mehr kommt zur Sprache. Die reichen Anmerkungen machen zusammen mit dem Text das Buch zu einer wahren Fundgrube für den, der sein Beten mit Psalmen nähren will. Auch Verantwortliche für die immer wichtiger werdenden «Wortgottesdienste» finden hier reiche Anregungen. Alois Kurmann