Bistum St. Gallen

Einsegnung des Sarges. (Bild: zvG)

 

«Gott preisen und Dank sagen» - Auferstehungsfeier für Dr. Ivo Fürer, em. Bischof von St.Gallen

Am 18. Juli fand die Abschiedsfeier für den em. Bischof Ivo Fürer in der Kathedrale St.Gallen statt. Er war im 93. Lebensjahr am 12. Juli verstorben. Nebst der Familie und der grossen Gottesdienstgemeinde begleiteten ihn Bischöfe aus dem In- und Ausland, Mitglieder des Domkapitels, Priester, Diakone, Seelsorgerinnen und Seelsorger auf seinem letzten irdischen Weg, er wurde in der Otmarskrypta, der Grablegung der St.Galler Bischöfe, beigesetzt.

Besonders gefreut hätte sich Ivo Fürer, dass ein sehr guter alter Freund, Alois Kothgasser, em. Erzbischof von Salzburg an der Feier teilnahm. Konzelebranten waren der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), Bischof Felix Gmür, weitere Vertreter der SBK, der Abt von Einsiedeln Urban Federer, sein Vorgänger Pater Martin Werlen, Paul Hinder, em. Bischof von Arabien und diverse weitere Äbte und Ordensleute aus dem In- und Ausland. Viele Mitfeiernde waren über Livestream und Radio Maria mit der Kathedrale St.Gallen verbunden.

Ein tiefgläubiger Mensch
Während der gesamten Feier war spürbar, dass ein Kirchenmann verstorben ist, der tiefe Spuren hinterlassen hat, der ein Netzwerker und Diplomat war und der vor allem als Mensch in Kirche und Gesellschaft sehr geschätzt wurde. Zum Abschied gekommen waren auch Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, anderen Konfessionen und Religionen. Alex K. Fürer würdigte seinen Bruder in einer eindrücklichen und sehr persönlichen Rede, ebenso Martin Gehrer, ehemaliger Regierungsrat und Präsident des Administrationsrates. Deutlich wurde während der ganzen Feier: Ivo Fürer war ein tiefgläubiger Mensch, ein offener Kommunikator, ein Kirchenmann mit ausserordentlichen Verdiensten.

«Selig die Trauernden»
Bischof Markus Büchel begann die Predigt mit zwei Worten, die seinem Vorgänger immer sehr wichtig gewesen waren: «Gott preisen und Dank sagen». Er würdigte Ivo Fürer als feinfühligen Menschen, europäischen Netzwerker, weltoffenen Priester und Theologen und als weitsichtigen Bischof. «Es ist ein Geschenk, dass ich als Nachfolger das gute Werk meines Vorgängers mit Überzeugung weiterführen kann», sagte Markus Büchel. Er zitierte aus der Bergpredigt, die als Evangelientext gelesen worden war: «Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden». Abschiednehmen sei immer mit Schmerz verbunden, auch Ivo Fürer hatte diesen Schmerz erlebt, als sein jüngster Bruder Norbert vor wenigen Jahren starb oder seine guten Freunde Kardinal und Erzbischof Carlo Maria Martini (Mailand) und Erzbischof Aldo Giordano, sein Nachfolger als Generalsekretär des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, CCEE, St.Gallen. Trost habe Ivo in der Botschaft vom Leiden, Kreuz und Auferstehung gefunden, die er nicht allein verkündete, sondern lebte. «Bischof Ivo war ein Mensch mit ausserordentlichen Gaben und Fähigkeiten – er hat sie auf allen Ebenen eingesetzt», betonte Markus Büchel. «Erfolg machte ihn aber nicht überheblich und stolz, er teilte ihn in Freundschaft und froher Gemeinschaft und er wusste, dass das Wesentliche Geschenk und Gnade ist». Vor Gott sei Bischof Ivo Fürer arm und bescheiden geblieben - und allen Menschen gegenüber dankbar. «Bischof Ivo, so halten wir Dich in Erinnerung und bleiben mit Dir verbunden. Gott schenke Dir die Fülle des Lebens in seiner Barmherzigkeit und Liebe».

Ein letztes Mal in unserer Mitte
Nach der Eucharistiefeier folgte die Einsegnung des Sarges. Der Leib in dem wir leben ist – so sagt der Apostel Paulus – ein Tempel des Heiligen Geistes. In diesem Leib hat auch Ivo Fürer gelebt, geliebt, sich gefreut und in den letzten Jahren seiner Parkinson-Erkrankung auch gelitten. «Über diesem Leib, der während des Abschieds ein letztes Mal in unserer Mitte ist, bitten wir um Gottes Segen», mit diesen Worten leitete Dompfarrer Beat Grögli die eigentliche Bestattung ein. Begleitet vom Gesang «O pie Jesu» wurde der Sarg mit Bischof Ivo Fürer in die Otmarskrypta gebracht und dort beigesetzt, wie die neun St.Galler Bischöfe vor ihm. Zuletzt beteten die Zelebranten in der Krypta und das Volk in der Kathedrale noch einmal für den Verstorbenen: «Herr, gib unserem Bischof Ivo Fürer und allen Verstorbenen das ewige Leben. Und das Ewige Licht leuchte ihnen. Lass sie leben in deinem Frieden».
Nach dem Gottesdienst waren alle zu einem Apéro riche auf dem Pausenplatz der «flade» eingeladen. Man war sich einig darin: Ivo Fürer hätte es gefallen, ein «Bad in der Menge» zu nehmen für Begegnungen, Austausch und auch bei einem feinen Happen.


„Ich werde Pfarrer“ - Erinnerungen von Alex K. Fürer an seinen Bruder Ivo
Gespickt mit persönlichen Erlebnissen und Episoden schilderte Alex K.Fürer das Leben seines verstorbenen Bruders, Bischof Ivo Fürer. Dabei bleiben für ihn nicht nur die vielen Gespräche über Kirche, Religion und Familie unvergesslich, sondern ebenso die Erinnerungen an einen Bruder, der Freund und Begleiter zugleich war. Früh stand ihre Mutter ohne Vater da. Spielerisch versuchten die drei Brüder die Zeiten des Zweiten Weltkriegs zu verarbeiten. Dazu gehörte auch die Einberufung der „Fürer-Armee“, die der kleine Ivo ganz selbstverständlich anführte, mit dem Majorshut des verstorbenen Vaters auf dem Kopf.  Schon früh soll Ivo erklärt haben «Ich werde Pfarrer, beim Altärle blieb Norbert und Alex Fürer Brüder die Ministrantenaufgabe, die Mutter war jeweils der Kirchenchor. Für das Theologiestudium immatrikulierte sich Ivo Fürer an der Universität in Innsbruck. Seine eigentliche Karriere als Kirchenmann begann später als Bischofsvikar in St.Gallen. Er baute sich ein internationales Netzwerk auf, war Leiter der Synode 72, Sekretär des CCEE (Rat der europäischen Bischofskonferenzen) und bestimmte St.Gallen als ständigen Sitz dieser Organisation. 1995 wählte ihn das Domkapitel zum Bischof von St.Gallen, was er bis 2006 blieb. Der Mailänder Kardinal Martini blieb auch nach der CCEE-Zeit mit den Fürers eng verbunden, er sagte einmal bei einem gemeinsamen Essen in Gossau: „Ivo hat das grosse Glück, inmitten einer Familie die täglichen Freuden und Sorgen zu erleben, diese Erfahrungen fehlen leider den meisten von uns (Priestern)“. Alex Fürer hätte noch viel zu berichten gehabt, er schloss mit einem Dank an den Allmächtigen, dass er der Familie Ivo geschenkt hatte und einen Dank an alle, die Bischof Ivo Fürer in der Kathedrale die letzte Ehre erwiesen hatten.

„Ivo, lösche den Geist nicht aus“, Erinnerungen von Martin Gehrer an Ivo Fürer
Martin Gehrer hatte Bischof Ivo Fürer gut gekannt. Er würdigte ihn als Mann mit offenem Geist, klaren Vorstellungen und Prinzipien. «Und Bischof Ivo war ein guter und galanter Gastgeber», so Martin Gehrer. Bekanntester Ehrengast, den der Verstorbene in seiner Amtszeit empfangen durfte, dürfte vermutlich Hillary Clinton gewesen sein.  Bischof Ivo wartete gemäss Gehrer nicht, bis man auf ihn zuging. Er ging selbst auf die Menschen zu, aus Freude und nicht aus Pflichtgefühl. Das gute Verhältnis zwischen Bistumsleitung und der St.Galler Regierung hält bis heute an – allerdings könne der Bischof von seiner Wohnung aus ohne Schlüssel das Regierungsgebäude betreten, während den Regierungsmitgliedern der direkte Weg in die Bischofswohnung verwehrt sei. Nachdem er auf viele weitere Erfahrungen mit dem Verstorbenen eingegangen war, schloss der Redner mit einigen Worten zum Wahlspruch von Bischof Ivo Fürer „Dem Volk Gottes dienen“. Im Schlusswort seines Weihegottesdienstes hatte er ihn so erklärt: „Ich werde mich bemühen, das Wirken des Geistes Gottes vom Einfluss des Ungeistes zu unterscheiden und das Gute zu behalten und immer wieder sagen müssen: Ivo, lösche den Geist nicht aus“. „Lieber Bischof Ivo, dies ist Dir gelungen“, sagte Martin Gehrer. „Einige bleiben für immer, sie hinterlassen Spuren in unseren Herzen“. Ivo Fürer habe viele Spuren hinterlassen, nun dürfe er die Herrlichkeit des himmlischen Lebens geniessen.


Am 12. Juli verstarb der emeritierte Bischof Dr. Ivo Fürer, geboren am 20. April 1930, in seinem 93. Lebensjahr nach längerer Parkinsonkrankheit. Ivo Fürer war 1995 bis 2006 Bischof des Bistums St. Gallen. Seine Verdienste gehen aber weit darüber hinaus. Der Trauergottesdienst wurde am 18. Juli in der Kathedrale St. Gallen, gefeiert.

Kirche mit den Menschen zu gestalten, war ihm eine Herzensangelegenheit. Mit grosser Geduld und Zufriedenheit verbrachte er seine letzten Jahre in der Seniorenresidenz Vita Tertia Gossau, gut betreut von seinen Angehörigen. Bis vor wenigen Tagen verfolgte er noch mit Interesse die aktuellen Entwicklungen in Kirche und Welt. Das Leben und Wirken von Bischof Ivo Fürer ist so vielseitig und reichhaltig wie die Kirche selbst.

In einer bewegten Zeit
Am 20. April 1930 wurde er als ältester von drei Buben in Gossau SG geboren. Sein Wirken als Priester und Bischof fiel in eine kirchlich bewegte Zeit. Als junger Priester erlebte er den Aufbruch es Zweiten Vatikanischen Konzils; Bischof Josephus Hasler nahm ihn als Berater mit nach Rom. Als Bischofsvikar wagte Ivo Fürer den Mutakt der Synode 72 und war stets bestrebt, die Beschlüsse des Vatikanischen Konzils in die Pfarreien des Bistums hinauszutragen. Als Generalsekretär des CCEE, Rat der Europäischen Bischofskonferenzen mit Sitz in St. Gallen (1977–1995) knüpfte der Theologe und Kirchenrechtler ein grosses, tragendes Netzwerk von Beziehungen, das weit über viele Grenzen hinaus reichte und ihn mit der vielgestaltigen ökumenischen Welt Europas verbunden hat. Seine vielen Reisen führten ihn in die Oststaaten, dies in einer Zeit, in der der Eiserne Vorhang sich langsam lichtete, es aber immer noch sehr schwierig war, Reisevisa zu erhalten. Unter seiner Leitung wurden bedeutende Ökumenische Versammlungen durchgeführt wie zum Beispiel Basel oder Riva del Garda/Trient.

Fachgremium Übergriffe gegründet
Dieses hohe Mass an Erfahrung stellte er schliesslich von 1995 bis 2006 als Bischof in den Dienst der Kirche des Heiligen Gallus. Bedeutende Veränderungen wie die Einführung der Firmung 18+ oder die Gründung von Seelsorgeeinheiten wurden im Bistum St. Gallen von ihm eingeleitet und umgesetzt. Ivo Fürer war Visionär, Diplomat, Vordenker und ein mutiger Kirchenmann, der sich nicht scheute, im Vatikan wie daheim in St. Gallen Probleme anzusprechen und anzupacken. 2002 hatte er nach einem Missbrauchsfall im Bistum St. Gallen das Fachgremium gegen sexuelle Übergriffe in der Seelsorge gegründet, vermutlich als weltweite Pioniertat in einer Zeit, als diese Thematik noch zu sehr unter dem Deckel gehalten wurde.

Bischof Ivo erlebte ein halbes Jahrhundert kirchlicher Entwicklungen nicht nur, sondern gestaltete auch mit. Er war ein Aktivmitglied der Kirchengeschichte. Für sein unermüdliches Engagement zur praktischen Umsetzung der Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils auf der diözesanen, schweizerischen und europäischen Ebene wird ihm 2005 die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät Fribourg verliehen, zudem wurde er Ehrensenator der Universität St. Gallen.

Allen Menschen respektvoll begegnet
«Dem Volk Gottes dienen» lautete der Wahlspruch von Ivo Fürer bei der Bischofsweihe. Und er lebte auch danach. Stets näherte sich Ivo Fürer den Menschen mit grosser Achtsamkeit. Er zollte allen seinen Respekt, überkonfessionell, interreligiös, und auch nicht auf die damals noch als katholische Partei betrachtete CVP beschränkt. Oder wie es die einstige St. Galler Regierungsrätin Kathrin Hilber einmal zusammenfasste: «Ivo Fürer hat einen neuen Stil geprägt. Als Regierungsmitglied, das seinen Geschäftssitz im Regierungsgebäude hat, und so zur Nachbarin von Bischof Ivo wurde, weiss ich um das Privileg, die reale und symbolische Öffnung dieser Türe miterlebt zu haben.»

Bis heute unvergessen bleibt die Episode, als sich Ivo Fürer eine Woche nach der Weihe in einem Brief an die Seelsorgerinnen und Seelsorger des Bistums wandte. Was der Bischof mitzuteilen hatte, war weder ein ausgefeiltes Regierungsprogramm noch spirituelle Erbauung. Er wollte den Seelsorgenden schlicht und einfach zeigen, wie wichtig ihm der Kontakt mit ihnen ist. Die Bischofswohnung galt in den Jahren danach denn auch als offenes Haus für kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Regelmässig lud er zu gemeinsamen Essen ein. Führen weniger durch Dekrete vom Schreibtisch aus, sondern durch Diskussionen – dieser «Symposium»-Stil war für Ivo Fürer charakteristisch.

Berufswunsch stand früh fest
Ivo Fürers Weg zeichnete sich bereits früh ab. Wie sein ein Jahr jüngerer Bruder Alex in einem Buch über Ivo Fürer ausführt, soll er bereits von allem Anfang an unerschütterlich gesagt haben: «Ich werde Priester und Pfarrer». Von der Position des Bischofs habe er seines Wissens allerdings nie gesprochen. Und so kam es, dass Ivo Fürer Theologie in Innsbruck (A) studierte. Am 3. April 1954 folgte die Priesterweihe in der Kathedrale St. Gallen. Zu seinen weiteren Stationen gehörten ein Studium des Kanonischen Rechts an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Anschliessend wirkte er als Vikar in Herisau (1958–1963) und Altstätten (1963–1967). 1967 wurde er Bischöflicher Sekretär und ab 1969 war er Bischofsvikar in St. Gallen. 1991 wurde er vom Administrationsrat zum Domdekan gewählt, parallel führte er seine Tätigkeit als Generalsekretär des CCEE weiter. Am 28. März 1995 wählte ihn das Domkapitel zum zehnten Bischof von St. Gallen. Auch als emeritierter Bischof blieb er noch längere Zeit aktiv, u. a. als Stiftungsratspräsident beim Fastenopfer, heute Fastenaktion.

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