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Menschliches Leben entstehen lassen, um es dann zu zerstören?

Protest gegen den von der Nationalen Ethikkommission vorgeschlagenen freien Markt der Fortpflanzungsmedizin

Die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK) hat vor kurzem zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung ausführlich und grundsätzlich Stellung bezogen. Die Kommission für Bioethik der Schweizer Bischofskonferenz reagiert auf diesen Positionsbezug mit Heftigkeit. Das Gutachten der NEK löst grosses Unverständnis aus, da es eine umfassende Liberalisierung fordert und auf einem zweifelhaften Verständnis über das Leben im Gefüge der Gesellschaft und der Rolle des Staates beruht. Die Kommission für Bioethik der Schweizer Bischofskonferenz kann nicht anders als sehr kritisch Stellung nehmen zu einer Schrift, die das Zusammenleben dekonstruiert und eine dem blossen Nützlichkeitsdenken verpflichtete minimale liberale Ethik vertritt.

Seit vielen Jahren warnt die katholische Kirche vor der Faszination, mit der viele Menschen der Technologie der medizinisch unterstützten Fortpflanzung begegnen. Die Warnung erfolgt, weil die In-vitro-Fertilisation (IVF) zwingend dazu führt, dass ausserhalb des menschlichen Leibes entstehende Embryonen instrumentalisiert und zerstört werden.

Diese bereits im Jahr 1987 formulierte Haltung der Kirche (Instruktion der Glaubenskongregation «Donum vitae») ist heute mehr denn je wohl begründet; die aktuelle Stellungnahme der NEK belegt es. Wer Embryonen «in vitro» entstehen lässt, hat praktisch keine andere Wahl, als diese zu selektionieren und mittels Präimplantationsdiagnostik (PID) auszuwählen, d. h. mit dem Verfahren, das die NEK uns beliebt machen möchte.

Nein zur Leihmutterschaft

Ihrer Logik konsequent treu, öffnet die NEK die Türen weit für die sehr umstrittene Leihmutterschaft. Mit der Öffnung dieser Türen verweist sie auf die Meinung, dass es in der Gesellschaft keine vorgegebenen Strukturen gebe, schon gar nicht die «traditionelle» Familienstruktur. Die Leihmutterschaft verletzt die Würde des menschlichen Embryos, der dazu verurteilt wird, sich in einem fremden Bauch zu entwickeln. Sie nimmt auch die Würde der Frau nicht ernst, nicht nur weil diese mit der Leihmutterschaft ihren Körper verkauft, sondern auch einen wichtigen Teil ihrer weiblichen Identität, nämlich für die erste Entfaltung menschlichen Lebens da zu sein und für die unverbrüchlichen Bindungen, die sich daraus ergeben. Kurz, wir lehnen so gut wie alle Vorschläge der NEK ab, die Ausdruck der liberalen individualistischen Sicht auf die Gesellschaft sind und der Illusion, Prozesse zu beherrschen, deren tiefer Sinn uns letztlich ein Geheimnis bleibt. Es ist inakzeptabel, menschliches Leben entstehen zu lassen, um es dann zu zerstören, zu gefrieren oder zur Umsetzung unserer verrücktesten Träume zu gebrauchen. Dabei sind wir uns bewusst, dass es in der Gesellschaft Leid gibt, das mit der Möglichkeit oder Unmöglichkeit, Kinder zu bekommen, in Verbindung steht. Wir haben alle die Verantwortung, zur Linderung solcher Leiden beizutragen, aber nicht um jeden Preis. Eine Gesellschaft, die alles zulässt, was individuelle Begehren befriedigt, ist nicht zwingend menschlicher, sondern läuft grosse Gefahr, auseinanderzubrechen und den Gemeinsinn zu verlieren.

Prof. Thierry Collaud, Präsident der Kommission für Bioethik der Schweizer Bischofskonferenz

 

Die Stellungnahme der Kommission für Bioethik finden Sie hier: http://www.eveques.ch/documents/communiques/refus-du-bricolage-procreatique-propose-par-la-commission-nationale-d-ethique