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«Der betagte Mensch und der Patient»

Brief zum Krankensonntag (10. März 2013)

Wenn im Leben alles gut geht, verstreicht die Zeit rasch. Muss man aber Schmerzen ertragen oder begleitet man einen kranken Menschen, so scheint die Zeit stillzustehen. Dann geschieht es oft, dass Ungeduld den Menschen verbittert, ihn sensibler macht für alles, was um ihn herum geschieht, für alles, was man macht und sagt. (…) Was aber tun oder sagen, wenn der Patient ungeduldig wird und die Umgebung die Geduld verliert? Oft hört man, die Geduld sei die Mutter der Tugenden. (…)

Der betagte leidende Mensch

Das Problem des betagten Menschen ist nicht neu. Zu allen Zeiten musste man sehen, wie Gebrechen sehr betagte Menschen heimsuchen. (…) Jesus sagt uns zwar, wir sollen einen kindlichen Geist haben, doch freut sich bestimmt niemand darüber, wenn sein Gang schwach wird, die Sehkraft schwindet oder die Ohren halb taub werden. (…) Es ist dies eine günstige Zeit, in sein Herz Worte aufzunehmen, wie die, die der heilige Paulus in seinem Brief an die Römer nahelegt: «Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll» (Röm 8). Diese Worte wollen dem Leidenden Hoffnung schenken im Hinblick auf das ewige Leben. Im Unterschied zum Hoffnungsschimmer, der ein sofortiges Glück betrifft, ist die Hoffnung eine Tugend, die es zu entdecken gilt (…).

Familie, Umgebung, Pflegepersonal

Wir haben hier die Gelegenheit, uns an die Familien der Kranken, an das Umfeld und an das Pflegepersonal zu wenden. Zuerst möchten wir euch, die ihr euch so gut darum kümmert, die Schmerzen der Patienten in den Spitälern, in ihrem Zuhause und in den Heimen für Betagte erträglicher zu machen, ein grosses Dankeschön sagen. (…)

Opfer von Sucht und Abhängigkeit

Wir wollen es hier wagen, auch die Situation der durch Alkohol, Drogen und andere Abhängigkeiten verursachten Kranken zu erörtern. Diese Krankheiten bringen oft Schuldgefühle von Seiten des Patienten und Unverständnis, ja sogar Verachtung von der Umgebung mit sich. Sie werden oft angeklagt, es fehle ihnen am Willen, an Mut oder Ausdauer, um aus ihrem Zustand herauszufinden. (…) Vom medizinischen Standpunkt aus weiss man, dass diese Art von Sucht gewisse Zellen des Gehirns zerstört und den Willen schwächt. So verstecken sich diese Menschen meistens, um dem Urteil und dem Eingreifen der Umgebung zu entgehen. Es ist ein tiefgreifendes Problem und entsteht aus zahlreichen Erb- oder Umstandsfaktoren. (…)

Der Stress des Begleitens

Wir dürfen den Stress, die Zermürbung und die Müdigkeit derjenigen, die alte Menschen und abhängige Kranke umsorgen, nicht vergessen. (…) Mögen die betagten Menschen oder die Suchtkranken sowie das ganze familiäre oder pflegende Umfeld in der persönlichen Beziehung zu Christus die Kraft finden, den Glauben und die Hoffnung nicht aufzugeben. Auch die in der Krankenseelsorge Tätigen sowie die Krankenbesucher und -besucherinnen mögen aus dieser Beziehung zu Christus Kraft schöpfen (…). Der Monat März ist bei uns traditionsgemäss ein Monat, wo wir die Gesundheitsfragen aufmerksamer verfolgen. Die Bischofskonferenz will deshalb alle ermutigen, die Seligpreisung zu leben: «Ich war krank und ihr habt mich besucht» (Matt 25,36). Die Bischöfe versichern Sie ihrer Unterstützung und ihres Gebetes.

Im Namen der Schweizer Bischofskonferenz Joseph Roduit, Abt von Saint-Maurice

Redaktionelle Anmerkung: Der ganze Brief ist zugänglich unter http://www.bischoefe.ch/dokumente/botschaften/botschaft-zum-tag-der-kranken-2013