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Der Weg des Unterscheidens und Begleitens

Über das postsynodale apostolischeSchreiben «Amoris Laetitia»

Man hat es erwartet und erhofft, jetzt ist es da: das postsynodale apostolischeSchreiben. Papst Franziskus publiziert es kaum sechs Monate nach Abschluss der Arbeiten der Bischofssynode über die Familie. Sein Titel: Amoris Laetitia, Freude der Liebe. Er allein gibt schon einen interessanten Schlüssel, der die verschiedenen Zugänge öffnet. Der Papst, der an allen Plenarsitzungen der Synode teilnahm, hörte diese Versammlung sagen: «Mit innerer Freude und tiefem Trost blickt die Kirche auf die Familien, die den Lehren des Evangeliums treu sind. Sie dankt ihnen für ihr Zeugnis und ermutigt sie darin. Dank ihnen werden die Schönheit der unauflöslichen Ehe und ihre immerwährende Treue glaubwürdig» (Relatio Synodi, Nr. 51).

Das Dokument kann besser aufgenommen und fruchtbar werden, wenn der darin vorgezeichnete Weg durch die Türe des Unterscheidens eingeschlagen wird. Weil das Evangelium ein Schatz ist, der der Kirche zum Wohle aller anvertraut ist, ist es wichtig, dass er jeden in seinem wirklichen Leben und seiner konkreten Lage erreichen kann. Das Unterscheiden lädt den Seelsorger dazu ein, ohne Verallgemeinerung die unterschiedlichen Situationen zu berücksichtigen, in denen die Menschen, die Familien, die Paare leben.

Die Situationen und ebenso die Weise, ihnen eine Antwort zu unterbreiten, sind oft komplex. «Für eine Unterscheidung darf man keine bestimmte Formulierung einer Wahrheit für die zu treffende Wahl voraussetzen.» Es handelt sich nicht darum, die sehr unterschiedlichen Situationen zu «katalogisieren oder in allzu starre Aussagen einzuschliessen, ohne einer angemessenen persönlichen und pastoralen Unterscheidung Raum zu geben» (AL Nr. 298).

Es geht vielmehr darum, eine Begleitung in allen Situationen anzubieten, auch den komplexesten, mit dem Wort Gottes als Unterscheidungsinstanz, mit dem Ziel, die Wirklichkeit jedes Lebens zu beleuchten. Sie ist eine andere Türe, die verlangt, dem Heiligen Geist gewissenhaft zu folgen. Nur in ihm, dem Heiligen Geist, «begegnen sich Liebe und Wahrheit» vollkommen. Die pastorale Unterscheidung bestimmt die Haltung der Kirche näher. Sie ist dazu aufgerufen, alle Situationen zu begleiten und an das Gewissen der Menschen zu appellieren. Dieses gilt es zu bilden und nicht, es ersetzen zu wollen (cf. AL, Nr. 37). Anders gesagt: Begleiten heisst, in «einer klug differenzierten Weise» mit den anderen auf ihrem Weg Schritte zu machen.

Die Türe der Begleitung öffnet sich auf jene der Inklusion und nicht des Ausschlusses. Die Inklusion setzt die Anstrengung voraus, die Verschiedenheit zu akzeptieren, mit Andersdenkenden zu sprechen, die Teilhabe jener zu befürworten, die unterschiedliche Eignungen haben. Papst Franziskus hatte uns bereits in seinen Katechesen damit vertraut gemacht, dass man «in der Familie, unter Brüdern, das menschliche Zusammenleben lernt, nämlich wie man in Gesellschaft nebeneinander zu existieren hat», und ebenso, dass wir ab «unseren ersten Lebensjahren von der Pflege und dem Wohlwollen anderer abhängig sind».

Mit Blick auf die Personen, die in komplexen, «irregulären» Situationen leben, sagt der Text des päpstlichen Schreibens: «Die Logik der Integration ist der Schlüssel ihrer pastoralen Begleitung (…). Sie sind Getaufte, sie sind Brüder und Schwestern, der Heilige Geist giesst Gaben und Charismen zum Wohl aller auf sie aus» (AL Nr. 299).

In diesem Jahr, in dem er das Jubiläum der Barmherzigkeit eröffnet hat, ist die pastorale Sorge von Papst Franziskus, dass die Türen unserer Leben und die Türen der Kirche immer offen bleiben, damit wir «immer geneigt (sein mögen) zu verstehen, zu verzeihen, zu begleiten, zu hoffen und vor allem einzugliedern» (AL Nr. 312).

+ Jean-Marie Lovey, Bischof von Sitten
Delegierter der Schweizer Bischofskonferenz an der Generalversammlung derBischofssynode 2015

Kardinal Georges Marie-Martin Cottier gestorben

Der emeritierte Theologe des Päpstlichen Hauses, Kardinal Georges Marie-Martin Cottier, ist in der Nacht des 31. März 2016 im Alter von 94 Jahren in Rom verstorben. Der Bestattungsgottesdienst wird am Samstag, 2. April, um 8.30 Uhr in der Sankt-Peters-Basilika zelebriert.

Bischof Charles Morerod, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, hat mit Betroffenheit die traurige Nachricht vom Hinschied des Kardinals vernommen. Bischof Morerod steht dem Bistum Lausanne, Genf und Freiburg vor, dem Heimatbistum des Verstorbenen.

In einem Telegramm an die Familie hat Papst Franziskus seine Anteilnahme am Tod «dieses eifrigen Dieners des Evangeliums» kundgetan.

Georges Marie Martin Cottier, am 25. April 1922 in Carouge (GE) geboren, trat 1945 in den Predigerorden (Dominikaner) ein. Nach Studien in Freiburg i. Ü. und Rom übernahm er an der Universität Genf den Lehrstuhl für zeitgenössische Philosophie.

Gleichzeitig leitete er in Genf das «Centre dominicain» und war Mitglied der päpstlichen Internationalen Theologen-Kommission und Konsultor des Päpstlichen Rates für die Nichtglaubenden. Im März 1989 wurde er Generalsekretär der Internationalen Theologen-Kommission, dann im Dezember 1989 Theologe des Päpstlichen Hauses, ein Amt, das er bis 2005 ausübte.

Bevor er Theologe des Päpstlichen Hauses wurde, gab er die Zeitschrift «Nova et Vetera» heraus und verfasste zahlreiche Schriften über die Philosophie im 19. Jahrhundert.

Papst Johannes Paul II. hatte ihn am 7. Oktober 2003 zum Titular-Erzbischof von Tullia ernannt und kreierte und verkündete ihn am 21. Oktober 2003 als Kardinal. Er war (Kardinal-)Diakon der Kirche Ss. Domenico e Sisto.

Freiburg i. Ü., 1. April 2016
Walter Müller, Informationsbeauftragter SBK

Kollekte zu Gunsten der Opfer der Kriegswirren in der Ukraine

Papst Franziskus hat beim Regina-Coeli-Gebet am Sonntag, 3. April 2015, eine europaweite Kollekte für die zahlreichen Opfer der Kriegswirren in der Ukraine angeordnet.

Die Kollekte wird in den Gottesdiensten von Sonntag, 24. April 2016, oder an einem benachbarten Sonn- oder Feiertag eingezogen.

Sie wird in der Schweiz von den einzelnen Bistümern organisiert. Die in den Bistümern gesammelten Gelder werden von diesen dem Päpstlichen Rat «Cor unum» überwiesen, der sie für die Opfer in den betroffenen Gebieten und die intern Vertriebenen einsetzt.

Freiburg i. Ü., 13. April 2016
Informationsstelle SBK