Nomen est omen – oder doch nicht?

Die Berufsbezeichnungen sind in der Kirche Schweiz immer wieder ein Thema. So ist man sich zum Beispiel nicht einig, wie die Absolventen des Religionspädagogischen Instituts (RPI) genannt werden sollen.

Die SKZ führte in den deutschsprachigen Bistümern sowie in Deutschfreiburg und im Oberwallis eine kurze Umfrage zur Berufsbezeichnung der Absolventen des RPI durch. Hier eine kurze Zusammenfassung der eingetroffenen Antworten auf den Fragenkatalog:

SKZ: Gibt es in Ihrem Bistum eine einheitliche Berufsbezeichnung für die Absolventen des Religionspädagogischen Instituts?
Antwort Bistümer: In Deutschfreiburg und im Bistum Chur werden die Absolventen des RPI als «Religionspädagogen» bezeichnet.
Das Bistum St. Gallen ist gerade dabei, die verschiedenen Berufsbezeichnungen zu überarbeiten. Aktueller Vorschlag ist ebenfalls «Religionspädagoge».
Im Bistum Basel gibt es keine einheitliche Bezeichnung. Je nach Anstellung werden sie als Katechet RPI, Jugendarbeiter RPI oder Katechet/Jugendarbeiter RPI bezeichnet.

Im deutschsprachigen Raum des Bistums Sitten gibt es nur vereinzelt Absolventen des RPI. «Der Religionsunterricht wird an den meisten Orten von Katecheten ForModula übernommen», schreibt das Bistum, und weiter: «Religionspädagogen übernehmen im Auftrag und im Einverständnis der Bistumsleitung Aufgaben in der allgemeinen Pfarreiseelsorge […] Es gilt darauf zu achten, dass der Unterschied einerseits zu den Katecheten nach ForModula und andererseits zu Pastoralassistenten ersichtlich wird.» Die Bistumsleitung habe bis anhin keine befriedigende Berufsbezeichnung gefunden und erteile die bischöfliche Beauftragung unter dem Titel Seelsorgehelfer.

Warum haben sich die Verantwortlichen des Bistums für diese Berufsbezeichnung entschieden?
Die Bistümer Chur und St. Gallen haben die offizielle Bezeichnung des Ausbildungsabschlusses als Berufsbezeichnung übernommen. Deutschfreiburg meldet, dass es darüber nie eine Diskussion gegeben habe.
Das Bistum Basel erklärt die Berufsbezeichnung «Katechet RPI» wie folgt: «Katechese umschreibt die Unterrichtung im katholischen Glauben (z. B. Sakramentenkatechese) […] Zunehmend wird die eigentliche Katechese ausserhalb der Schule, meist in Räumen der Pfarreien erteilt […] In einigen Kantonen unterrichten Katecheten (RPI) im Auftrag der Kirche in der Schule. Dieser sogenannte ‹Religionsunterricht› ist nach dem LeRuKa (Lehrplan für den konfessionellen Religionsunterricht und die Katechese, Anm. d. Red.) Teil der umfassenden Katechese.»

Wird aus der gewählten Berufsbezeichnung der Unterschied zu Katecheten mit ForModula-Ausbildung ersichtlich?
In den Bistümern Chur und St. Gallen sowie in Deutschfreiburg ist die Unterscheidung sofort ersichtlich, da die Katecheten mit einer ForModula-Ausbildung oder einer gleichwertigen Ausbildung (Chur) als Katecheten bezeichnet werden. Deutschfreiburg und das Bistum St. Gallen weisen darauf hin, dass die Absolventen des RPI im Gegensatz zu Katecheten normalerweise zusätzliche Aufgaben in der Pfarrei übernehmen.

Das Bistum Basel erklärt, dass der Unterschied zwischen den Absolventen des RPI und den Katecheten ForModula durch die Aufträge ersichtlich sei, und gibt zu Protokoll, dass die Absolventen des RPI neben der eigenen Unterrichts- tätigkeit in den Pastoralräumen in der Regel die Führung, Begleitung und Weiterbildung der Katecheten mit ForModula-Ausbildungen wahrnehmen. Zudem vertreten sie als Strategieverantwortliche in den Pastoralraumteams oft die Bereiche Katechese, Jugendarbeit, Familienpastoral usw. Gleichzeitig schreibt das Bistum Basel: «In den meisten Fällen können Gläubige auch nicht zwischen Katecheten und Religionspädagogen unterscheiden. Dies wird umso deutlicher, als selbst zwischen den Bistümern keine Einigkeit darüber besteht, was die spezifischen Einsatzbereiche der Katecheten und der Religionspädagogen sind – und dies unabhängig vom Ausbildungsstand.»


Der 2012 gegründete Religionspädagogische Verband RPV hat sich von Anfang an ein klares Ziel gesetzt, nämlich die Etablierung des Berufes, des Berufsbildes und der Berufsbezeichnung auf kirchlicher, staatskirchlicher und staatlicher Ebene (Statuten, Art.2). Die SKZ legte die Antworten Anneliese Stadelmann, Präsidentin des Religionspädagogischen Verbands (RPV), vor und befragte sie dazu.

SKZ: Was ist Ihr erster Eindruck?
Anneliese Stadelmann: Eigentlich positiv. Es freut mich, dass sich alle Bistümer zu diesen Fragen geäussert haben. Mir ist aufgefallen, dass die Rückmeldungen in sehr unterschiedlicher Art und Weise erfolgt sind. Die einen haben sehr persönlich geschrieben. Ich spürte hier, dass sie sich mit dem Anliegen bereits auseinandergesetzt haben. Andere Rückmeldungen waren sehr formell, für mich zu institutionell.

Mit Ausnahme von Basel benutzen alle Bistümer die Bezeichnung «Religionspädagoge» …
Die Antwort des Bistums Basel ist für mich nach wie vor erstaunlich und ich kann sie nicht einordnen. Unser Verband hat sich betreffend Berufsbezeichnung bereits in seinem ersten Jahr an die Bistümer gewandt und um ein Gespräch mit den Bischöfen gebeten. Denn unserer Meinung nach ist diese Frage Sache der Bischöfe. Nicht alle Bischöfe haben darauf reagiert. Basel hat uns an den Personalverantwortlichen verwiesen.
Unser Verband hat unter den Absolventen des RPI eine Umfrage zum Selbstbild und zur Berufszufriedenheit durchgeführt. Die Antworten waren mehrheitlich positiv: Sie fühlen sich und ihre Arbeit wertgeschätzt. Der Wunsch nach einer einheitlichen Berufsbezeichnung kam dabei auch zur Sprache. Deshalb finde ich es schade, dass man uns in dieser Frage nicht entgegenkommt.

Das Bistum Basel unterscheidet zwischen der Bezeichnung des Abschlusses und der Anstellungsbezeichnung.
Man muss schon von der Ausbildung ausgehen. Die meisten meiner Berufskollegen arbeiten in den Berufsfeldern, für die wir auch ausgebildet sind: Religionsunterricht, vor allem auf der Oberstufe, Gemeindekatechse, Erwachsenenbildung und Jugendarbeit. Wir sind deshalb daran interessiert, dass wir den Namen von der Ausbildung her beibehalten können. Im Gegensatz zu Katecheten haben wir umfassendere theologische Kenntnisse und eine spezifische Ausbildung in Religionspädagogik.
Ich kann bei der Antwort des Bistums Basel nicht nachvollziehen, weshalb es bei den Jugendarbeitern diese Unterscheidung nicht macht. Dies ist ja ein Berufsfeld, für das wir auch alle ausgebildet sind.

Viele Bistümer haben in ihrer Antwort darauf verwiesen, dass sich die Absolventen des RPI und Katecheten ForModula auch durch ihre konkrete Arbeit unterscheiden.
Uns vom Verband geht es klar um die Profession, nicht um das Tätigkeitsfeld. Im Gegensatz zur Ausbildung ForModula handelt es sich bei der Ausbildung am RPI um eine universitäre Ausbildung, und die RPI-Absolventen haben die Möglichkeit, ein Bachelorstudium anzuschliessen. Dieser Tatsache sollten die Bistümer bei der Wahl der Berufsbezeichnung Rechnung tragen. Meines Erachtens wäre es sehr wichtig, dass die Berufsbezeichnung klar erkennen liesse, welche Ausbildung jemand hat. Unter der Bezeichnung «Religionspädagoge» können sich viele Menschen etwas vorstellen. Durch die Bezeichnung als Religionspädagogin werde ich zum Beispiel an den Schulen von den Lehrern als Fachperson anerkannt.

Das Tätigkeitsfeld der RPI-Absolventen ist sehr unterschiedlich. Einige unterrichten vorwiegend, andere sind mehrheitlich in der Jugendarbeit tätig, wieder andere arbeiten sogar als Pfarreileiter.
Ich denke, dass dies auch in vielen anderen Berufen der Fall ist: Man hat eine bestimmte Berufsausbildung, kann aber durchaus in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern arbeiten. Unser Beruf wurde vor Jahren neu geschaffen, als man merkte, dass es im kirchlichen Bereich Allrounder braucht, die vielfältig und praxisnah eingesetzt werden können. Gerade dies macht den Beruf als Religionspädagogen heute so attraktiv.

Müsste die Frage nach der Berufsbezeichnung nicht von der Schweizer Bischofskonferenz SBK geregelt werden?
Das war eine unserer ersten Überlegungen! Da die Initiative zur Verbandsgründung aus dem Bistum Chur kam, haben wir den damaligen Personalverantwortlichen, den regionalen Generalvikar Martin Kopp, gebeten, diese Anfrage in die SBK zu bringen. Er empfahl uns, stattdessen für diese Frage die Personalverantwortlichen anzuschreiben. Diese haben uns wiederum an die Bischöfe verwiesen … Seitdem drehen wir uns im Kreis. Wir vertreten klar die Auffassung, dass sich die Berufsbezeichnung Religionspädagoge in allen Bistümern durchsetzen sollte. Dieses Bezeichnungswirrwarr tut unserem Beruf keinen guten Dienst. Als Verband sind wir bemüht, die Verschiedenheit der Ausbildungen im kirchlichen Bereich sichtbar zu machen. Wir bleiben dran!

Interview: Rosmarie Schärer

 

Der Religionspädagogische Verband RPV wurde 2012 gegründet und hat zurzeit rund 60 Mitglieder. Informationen zum Verband und zu seinen Zielen unter www.rp-verband.ch.


Anneliese Stadelmann

Anneliese Stadelmann (Jg. 1958) ist Präsidentin des Religionspädagogischen Verbands (RPV).

 

BONUS

Folgende Bonusbeiträge stehen zur Verfügung:

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