Neue Einführung in die Kirchengeschichte

Franz Xaver Bischof / Thomas Bremer / Giancarlo Collet / Alfons Fürst: Einführung in die Geschichte des Christentums. (Herder Verlag) Freiburg- Basel-Wien 2012, 636 S., ill.

Keine apologetische Papstgeschichte, keine Erfolgsgeschichte der allein selig machenden Wahrheit des Christentums und schon gar keine bloss soziologische Historie der Kirche als gesellschaftliche Wirklichkeit, sondern eine thematische, geschichtliche und theologische Einführung in die Vielfalt des weltweiten polyzentrischen Christentums mitten in der Welt, so lässt sich der neue Entwurf «Einführung in die Geschichte des Christentums» charakterisieren.

Verfasst wurde sie in mehrjähriger Kooperation an der Universität Münster vom Missionswissenschaftler Giancarlo Collet, von Thomas Bremer, Lehrstuhl für Ökumene und Friedensforschung, und von den beiden Kirchengeschichtlern Alfons Fürst, zuständig für Patrologie und christliche Archäologie, und dem Schweizer Franz Xaver Bischof (seit 2007 Professor in München, designierter Dekan der Theologischen Fakultät), zuständig für Mittelalter und Neuzeit sowie verantwortlich für die Redaktion. Das für die Hand der Theologiestudierenden und alle geschichtlich Interessierten gedachte Kompendium umfasst drei Hauptteile plus Einleitung und Anhang. Die Autoren sind sich bewusst, keine rein objektive Abbildung der Kirchengeschichte zu liefern. Vielmehr setzen sie eigene Akzente und verstehen ihre Präsentation als Konstruktion sowie als schwerpunktartige Erinnerungsarbeit.

Teil 1 befasst sich mit der Ausbreitung der Jesusbotschaft sowohl im Mittelmeerraum als auch in den «Missionsländern» und kommt zu einer erdteilbezogenen Darstellung des aktuellen Christentums in Latein- und Nordamerika, in Afrika, Asien und in Europa (mit wertvollen komparativen statistischen Angaben S. 159/160). Einseitigkeiten und «Fehler» etwa in der Missionierung werden zugegeben, bedacht und in ihrer Weiterentwicklung angesprochen. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt mit Reflexionen über das Missionsverständnis und einer Bilanz der Ökumene-Bewegung im 20. Jahrhundert.

Teil 2 bedenkt die Amalgamierung der Kirche mit der Gesellschaft: Die Konstantinische Wende, die Allianz von Thron und Altar bis hin zur Reformation und deren Auswirkungen auf das Verhalten von Kirche und Staat in Ost und West werden bis in die Gegenwart diskutiert.

Teil 3 widmet sich der inneren theologischen und strukturellen Entwicklung des Christentums von den Wandercharismatikern, dem abendländischen Mönchtum in den klassischen Frauen- und Männerorden bis hin zur Entwicklung der Ämter und der Kirchenorganisation. Breiten Raum nehmen die Konzilien der Alten Kirche, des Mittelalters und der Neuzeit ein mit besonderer Berücksichtigung des Zweiten Vatikanums als «Innerkirchliche Erneuerung und Versöhnung mit der Moderne» (S. 550–568). Ein spannender verheissungsvoller Ausblick handelt von den kontextuellen Theologien, über das polyzentrische Christentum und von der Weltkirche als «Lerngemeinschaft » (S. 569–581).

Besonders hilfreich sind eingestreute 50 Quellentexte, 44 Porträts, weitere Bilder und Fotos und 17 eigens erstellte Karten. Statt einer abundanten Zitiererei werden die einschlägigen Hauptwerke am Ende des Bandes angegeben und das Buch mit einem Personen-, Orts- und Sachwortregister erschlossen. Grafiken und Tabellen sind weiterführend. Eigentlich ist den Autoren ein umfassendes aktuelles und gut lesbares «Handbuch der Kirchengeschichte» gelungen, das sich für das Theologiestudium und für die Examensvorbereitung eignet, ebenso für alle im kirchlichen Dienst, die sich für den aktuellen Stand der heutigen Kirche und den entsprechenden Entstehungsprozessen interessieren.

Stephan Leimgruber

Stephan Leimgruber

Dr. Stephan Leimgruber ist seit Februar 2014 Spiritual am Seminar St. Beat in Luzern und zuständig für die Theologinnen und Theologen in der Berufseinführung. Bis zu seiner Tätigkeit in Luzern war er Professor für Religionspädagogik an der Theologischen Fakultät in München.