Kirchenfinanzierung im Dreiländereck

Die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) führte 2014 ihre erste Plenarversammlung am 21./22. März in Basel-Stadt durch. Passend zum Tagungsort stellte sie den thematischen Teil unter den Titel «Kirchenfinanzierung im Dreiländereck». Drei Fachleute informierten über die Situation im Kanton Basel-Stadt, in Frankreich und in Deutschland.

Finanzielle Herausforderungen der Kirche in Basel- Stadt

Christian Griss, Präsident des Basler Kirchenrates, unterschied zwischen Struktur und Finanzierung bis und nach 1973, dem Jahr der öffentlich-rechtlichen Anerkennung. Seit 1973 ist Basel-Stadt eine Kirchgemeinde, die acht Pfarreien und zehn Missionen umfasst. Trotz kontinuierlich sinkendem Mitgliederbestand haben sich die Steuererträge in den letzten Jahren wieder erholt. Sie betragen durchschnittlich rund 400 Franken pro Kopf. Für die künftige Sicherstellung der Seelsorge und des Unterhalts der Liegenschaften setzt die Kirche auf Synergien, verstärkte Beteiligung von Dritten an gemeinnützigen Diensten, den Ausbau von Freiwilligkeit und Ehrenamt sowie Umnutzung unternutzter Liegenschaften, verdichtetes Bauen bei Ertragsliegenschaften und verstärkte Beteiligung des Denkmalschutzes an Renovationen.

Hauptsächlich, aber nicht ausschliesslich private Kirchenfinanzierung in Frankreich

Anne Fornerod, Forschungsbeauftragte des «Centre national de la recherche scientifique» (CNRS), erläuterte die französische Situation. Die 95 Bistümer bestehen aus über 14 000 Pfarreien. Etwas mehr als 18 000 Diözesanpriester und Ordensleute sind für die Seelsorge verantwortlich, hinzu kommen 2250 ständige Diakone und 5500 hauptamtliche Laien. Ganz anders als in der Schweiz und in Deutschland setzen sich die Erträge der Kirche zusammen. Die rund 710 Millionen Euro stammen zu 35 Prozent aus freiwilligen Kirchenbeiträgen («Denier de l’Eglise»), zu fast 50 Prozent aus Beiträgen im Zusammenhang mit Gottesdienstfeiern und Kasualien, zu 12 Prozent aus Erbschaften und Legaten. Hinzu kommen Finanz- und Liegenschaftenerträge. Obwohl das Verhältnis zwischen Staat und Kirchen in Frankreich vom Prinzip einer strikten Laizität geprägt ist, leistet die öffentliche Hand Beiträge an den Unterhalt von Kirchen (manche befinden sich in ihrem Besitz) und gewährleistet auch die Seelsorge in Gefängnissen und anderen Sonderstatutsverhältnissen. Die Entlöhnung der Priester ist mit ca. 1000 Euro pro Monat sehr bescheiden. Was die historische Entwicklung betrifft, betonte Anne Fornerod die Zäsur von 1905 als Moment der Trennung von Staat und Kirche. Auch die Kirche selbst hatte Anteil an den seither bestehenden Verhältnissen, lehnte sie doch den Vorschlag der Errichtung pfarreilicher Kultusvereine («associations cultuelles») ab. Stattdessen wurden 1924 Vereinigungen auf Bistumsebene («associations diocésaines ») geschaffen, deren Zweck sich allerdings auf die rein finanziellen Belange beschränkt.

Diözesane Kirchensteuern unter Aufsicht der Kirchensteuerräte in Deutschland

Ansgar Hense, Leiter des Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands in Bonn, knüpfte an die aktuellen Debatten um die Bistumsfinanzierung und die Staatsleistungen an. Aus seinen Ausführungen ging hervor, dass die parlamentsähnlichen Gebilde der Diözesankirchensteuerräte zu einer Selbstverständlichkeit geworden sind. Ihre mitbestimmende Beteiligung bei der Kirchensteuererhebung basiert auf der Vorstellung, dass Erhebung und Verwendung des Steueraufkommens nicht ohne Kontrolle der Steuerzahler bleiben kann. Allerdings führt der deutsche Weg nicht zu einer Dualität zwischen steuererhebender Körperschaft und Religionsgemeinschaft. Um eine «religiöse Kerninstitution » wird ein «weltlich-rechtliches Kleid» gelegt. Zudem betonte der Referent, dass das deutsche Kirchensteuersystem, das einen Gesamtertrag von rund 4,9 Milliarden Euro jährlich generiert, auch kirchenrechtlich verankert ist. Der von Fachleuten als «clausula teutonica » bezeichnete Canon 1263 des CIC räumt dem Diözesanbischof das Recht ein, für die notwendigen Bedürfnisse der Diözese Steuern und Abgaben zu erheben. Historisch ist das deutsche Kirchensteuerwesen im 19. Jahrhundert verankert. Die Säkularisierung beraubte die Kirchen mit dem Einzug grosser Vermögensbestände der Möglichkeit einer staatsunabhängigen Kirchenfinanzierung aus eigenen Erträgen. Die Einführung von Kirchensteuern kompensierte das, ohne die Kirche von öffentlichen Beiträgen abhängig zu machen, sind es doch ausschliesslich die Kirchenmitglieder, die diese Steuern entrichten. Ausblickend wurde festgehalten, dass sich die Finanzierungsfrage weder heute noch in Zukunft leichthändig mit einer Kurzformel beantworten lässt. Vielmehr bedarf sie – im Spannungsfeld zwischen Statik und Dynamik – beständigen Nachdenkens.

Für einen Vergleich zwischen den Systemen und den unterschiedlichen Formen der Kirchenfinanzierung in der Schweiz reichte die Zeit nicht. Immerhin wurde deutlich, dass die Kirchenfinanzierung auch in den Nachbarländern Deutschland und Frankreich komplex ist – und dass die Reduktion auf Schlagworte wie «Laizität in Frankreich» oder «die Bischöfe allein haben das Geld in Deutschland» zu kurz greifen.

Gutes Rechnungsergebnis der RKZ 2013

Bei der Geschäftssitzung ging es mit Finanzfragen weiter. Einstimmig genehmigte die RKZ ein gutes Rechnungsergebnis. Den erzielten Ertragsüberschuss von rund 235 000 Franken setzt die Zentralkonferenz nicht für eigene Zwecke ein, sondern äufnet damit die Mitfinanzierungsreserve (100 000 Franken), die Rückstellung für migratio (75 000 Franken) sowie den Projekt- und Innovationsfonds (60 000 Franken). Die RKZ schafft damit Voraussetzungen, um auch in schwierigeren und unsichereren Zeiten Mittel für die Pastoral bereitstellen zu können.

Erwartungen der kantonalkirchlichen Organisationen an die Öffentlichkeitsarbeit der RKZ

Einen zweiten Schwerpunkt bildete die Frage, welche Erwartungen die kantonalkirchlichen Organisationen an die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit der RKZ haben: Mitglieder kantonalkirchlicher Gremien und Kirchgemeinden sollen einerseits besser und anschaulicher informiert, anderseits aber nicht mit Newsletters, Mails oder Papier überflutet werden. Um die gute Balance zu finden, wurde eine Umfrage durchgeführt.

Informationen über gesamtschweizerische und kantonalkirchliche Entwicklungen

Schliesslich diente die Plenarversammlung der Information über Entwicklungen in den Kantonen sowie auf gesamtschweizerischer Ebene. Das Thema der Kirchenfinanzierung durch Steuern juristischer Personen oder Beiträge der Kantone bleibt aktuell. Einerseits konnte erfreut davon Kenntnis genommen werden, dass Vorstösse zur Abschaffung der Kirchensteuern juristischer Personen in Graubünden und Nidwalden chancenlos blieben und dass die Luzerner Regierung ein entsprechendes Postulat abschlägig beantwortete. Anderseits wirken sich kantonale Sparprogramme und Steuerreformen weiterhin negativ aus. Spannendstes Datum bleibt diesbezüglich der 18. Mai 2014. Dann wird sich im Kanton Zürich zeigen, ob der Aufruf des überparteilichen Komitees, «Sorge tragen», die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu einem deutlichen Nein zur «Kirchensteuerinitiative » motiviert. Das wäre nicht nur für die Kirchen im Kanton Zürich, sondern auch schweizweit ein positives Signal für den gesamtgesellschaftlichen Rückhalt der Kirchen.

Zürich, 26. März 2013

 

Daniel Kosch

Daniel Kosch

Dr. theol. Daniel Kosch (1958) ist seit 2001 Generalsekretär der Römisch- Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz. Zuvor leitete er während rund 10 Jahren die Bibelpastorale Arbeitsstelle des Schweizerischen Katholischen Bibelwerks. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Kirchenfinanzierung, Kirchenmanagement und Staatskirchenrecht.