Engagiert gegen Kinderhandel

In Benin sind unzählige Kinder Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt, weil ihre Familien sie aus Not weggeben. Brücke – Le pont leistet Präventionsarbeit und unterstützt betroffene und gefährdete Kinder und ihre Familien.

Kévine (7) wohnt bei ihrer Grossmutter und hilft im Haushalt. (Bild: Stéphane Brabant)

 

Aufgrund ihrer grossen Armut geben Familien in Benin oft Kinder zu Verwandten oder Pflegefamilien, damit sie dort die Schule besuchen können. Im Gegenzug helfen die Kinder, «Vidomegon» genannt, im Haushalt oder auf dem Feld. Seit den 1990er-Jahren ist aus der Tradition jedoch ein Geschäftsmodell geworden: Anwerberinnen und Anwerber ziehen auf der Suche nach billigen Arbeitskräften durch die Dörfer und versprechen den Eltern, ihre Kinder hätten in der Stadt oder in einem Nachbarland eine bessere Zukunft. Tatsächlich werden die Kinder zur Arbeit gezwungen, misshandelt, geschlagen und teilweise sexuell ausgebeutet. Sie dürfen keinen Kontakt zu ihren Familien halten und trauen sich nicht, über das Erlebte zu sprechen. Offizielle Zahlen fehlen. Gemäss UNICEF waren 2007 etwa 40'000 Kinder und Jugendliche im Land Opfer von Kinderhandel, seither dürfte sich das Problem verschärft haben. Mit dem Projekt «Vidomegon» hilft Brücke – Le pont, die Bevölkerung über die Gefahren des Kinderhandels zu informieren, Familien in Not zu beraten und betroffene Kinder und Jugendliche wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Anlaufstellen für Gewaltprävention

Benin hat zwar gute Kinderschutzgesetze, doch sie sind wenig bekannt und werden kaum durchgesetzt. Brücke – Le pont und ihre lokale Partnerorganisation Capacités-21 setzen direkt in den Dörfern an und fördern den Aufbau von 150 lokalen Anlauf- und Beratungsstellen. Hier erhalten Betroffene von Gewalt Hilfe, um bei den zuständigen Behörden Anzeige zu erstatten oder psychologische und medizinische Betreuung zu finden. Zusätzlich bietet das Projekt Aus- und Weiterbildungen für sogenannte Vermittlerinnen. Diese Frauen gelten in ihren Dörfern als Vertrauenspersonen und intervenieren, wenn sie von Gewaltfällen hören. Sie schlichten Streit und leisten Aufklärungsarbeit, beispielsweise zu sexueller Gesundheit.

Sensibilisierungsarbeit

Gleichzeitig sensibilisiert das Projekt mit Radiosendungen, Plakaten, Aufklärungsvideos und Veranstaltungen für die Gefahren und Folgen der Fremdplatzierung von Kindern. Im Radio teilen auch betroffene Familien ihre Geschichten, um auf das Thema und sein Ausmass aufmerksam zu machen. Zudem bezieht das Projektteam lokale Mandatsträger und Autoritätspersonen ein: Es bietet auf sie zugeschnittene Weiterbildungen zu Kinderhandel und geschlechtsspezifischer Gewalt und animiert sie dazu, sich zu engagieren. Dieudonné Loko, Dorfchef von Dahé im Südwesten Benins, spricht etwa an seinen öffentlichen Auftritten über das Thema. «Es ist wichtig, dass wir die Bevölkerung für die Gefahren der Fremdplatzierung sensibilisieren, um unsere Kinder zu schützen.»

Beiträge an die Ausbildungskosten

Zentraler Teil des Projekts ist auch die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, die in ihre Dörfer zurückgekehrt sind oder als gefährdet eingestuft wurden. 500 Kinder und Jugendliche erhalten Schulmaterial und einen Beitrag an ihre Ausbildungskosten, sodass sie ihre Schulausbildung oder Lehre absolvieren können. Ausgebildete Vertrauenspersonen schauen regelmässig nach ihrem Wohlergehen. Um zu identifizieren, welche Kinder Unterstützung benötigen, arbeitet das Projektteam mit dem Sozialministerium zusammen. Dieses hat Daten dazu, welche Familien besonders von Armut oder Unterernährung betroffen sind, wer bereits durch staatliche Sozialprogramme unterstützt wird oder welche Kinder nicht zur Schule gehen.

Eine der Hauptursachen für den Kinderhandel bleibt die grosse Armut in Benin. Deshalb unterstützt Brücke – Le pont mit ihrem Programm «Arbeit in Würde» auch Projekte zur Einkommensförderung. Ziel ist, die Armutsursachen zu bekämpfen und Familien langfristig zu stärken. Alle Erziehenden sollen mit ihrer Arbeit genug verdienen, um selbstbestimmt für ihre Kinder und für bessere Perspektiven sorgen zu können.

Fabienne Jacomet

 

Mai-Aktion: Brücke – Le pont stellt den katholischen Pfarreien jedes Jahr einen Gottesdienstvorschlag zu. Manche Pfarreien führen diese Aktion an einem Mai-Wochenende durch, andere zu einem späteren Zeitpunkt. Der aktuelle Vorschlag zum Thema «Engagiert gegen Kinderhandel» ist verfügbar unter: www.bruecke-lepont.ch/aktionen


Fabienne Jacomet

Fabienne Jacomet (Jg. 1986) ist seit Oktober 2018 beim KAB-Hilfswerk Brücke − Le pont für Kommunikation und Entwicklungspolitik zuständig. Sie hat Spanisch, Ethnologie und Gender Studies studiert und engagiert sich auch privat für Frauen- und Menschenrechte.