"Das wird für uns eine Gratwanderung sein"

Brigitte Burri (zVg)

 

Vieles wird neu bei der "Schweizerischen Kirchenzeitung" ab Januar 2018. Die SKZ erscheint mit neuem Konzept in einem neuen Kleid – als multimediale Dialogplattform und praxisorientierter. Inhaltlich werden drei Redaktorinnen die SKZ gestalten. Eine Begegnung mit den neuen SKZ-Frauen Maria Hässig, Rosmarie Schärer und Brigitte Burri im folgenden Interview.

Seit 185 Jahren gibt’s die "Schweizerische Kirchenzeitung". Sie ist eine der ältesten Periodika der Schweiz. Was bedeutet für Sie diese Tradition?

Maria Hässig: Wir dürfen auf einem grossen Erbe aufbauen. Hier haben Menschen mit Herzblut ein gutes Fundament gelegt. Wir müssen und wollen diese Tradition weiterführen. Anderseits wollen wir auch der Zeit entsprechen und innovativ sein. Da drin zu arbeiten, kreativ zu sein, das Vertrauen der Bischöfe zu haben, das ist eine schöne, herausfordernde Aufgabe. Es ist ein Geschenk.

Rosmarie Schärer: Wir können aufbauen auf dem bestehenden Fundament, das in der Vergangenheit all den schwierigen Zeiten standgehalten hat. Wir müssen also nicht die Befürchtung haben, dass das Fundament gleich zusammenbricht, wenn wir Neues wagen.

Im neuen Konzept soll die SKZ eine Dialogplattform werden, auf der unterschiedlichste Ansichten ihren Platz haben. Im Unterschied zu früher soll es nicht mehr Einwegkommunikation sein. Die neue SKZ will den Dialog fördern – innerhalb des Mediums, aber auch ausserhalb. Wie machen Sie das?

Maria Hässig: Wir möchten zu den Themen die Meinungsvielfalt abbilden und kommentieren (lassen). Weiter soll die digitale Kommunikation aufgewertet werden. Reaktionen aus der Leserschaft sollen auf der Homepage Platz finden. Die neuen Formen und Möglichkeiten aufzubauen, ist ein Prozess, der Zeit braucht. Ich bin aber überzeugt, dass dieser Prozess notwendig ist. Kirchenpolitische Themen sind immer brennend, kontrovers und deshalb spannend. Das gilt auch für die Themen aus der Gesellschaft. Zum Beispiel das Thema "Ehe und Familie" heisst in Deutschland "Ehe für alle". Ein anderes Beispiel ist die Migration. Es kommen grosse Fragen auf uns zu, die Kirche wird gefordert sein. Da halten wir publizistisch mit.

Wie wird die Debatte zu diesen grossen Fragen stattfinden?

Brigitte Burri: Klassische Formen sind der Leserbrief oder das Podiumsgespräch. Diese sollen die Meinungsvielfalt darstellen und Grundlagen zur Diskussion liefern. Grundlagen und Wertungen liefern, das sind Kernanliegen der Kirche. Dem möchten wir gerecht werden. Wir wollen, dass die Debatte auch innerhalb des Mediums SKZ stattfinden wird.

Neu ist die Aufwertung der Online-Kommunikation. Was kann die Leserschaft erwarten?

Brigitte Burri: Alle, die ein SKZ-Abonnement haben, kriegen ein Login und haben somit die Möglichkeit, weiterführende Artikel, Fachpublikationen, Buchbesprechungen etc. zu einem Thema der Printausgabe abzuholen. Das System ist heute schon so angelegt. Wir wollen das aber stark ausbauen. SKZ online bietet Formen der Vertiefung und ein grosses Archiv.

Und welche Rolle wird die gedruckte, neue SKZ haben?

Brigitte Burri: Das Layout wird ansprechender, die Printausgabe umfangreicher sein. Die SKZ wird künftig im Zweiwochenrhythmus erscheinen. Wir finden diesen Rhythmus attraktiv, weil wir mehr Themen und Rubriken abbilden können. Auch die Inserenten werden ein attraktiveres Umfeld für ihre Anzeigen haben.

Maria Hässig: Die SKZ-Herausgeberschaft hat im Hinblick auf das neue Konzept eine Umfrage durchgeführt. Die Rückmeldung der Leserschaft ist eindeutig: Die Artikel sollen leserfreundlicher werden und sich auf eine Seite, höchstens zwei beschränken. Diesem Anliegen wollen wir gerecht werden. Dies wird für uns und für die AutorInnen eine Herausforderung werden.

Brigitte Burri: Es wird aber ein Gewinn sein für die Leserschaft. Wir wollen Print-Artikel online so vertiefen, dass die Leserschaft auch zu Genuss und Gehalt kommen wird.

Rosmarie Schärer: Als Praktikerin – ich komme aus der seelsorglichen Praxis – legte ich oft vierseitige Artikel der SKZ zur Seite und hoffte auf eine spätere Gelegenheit zur Lektüre. Oft habe ich dann diese Gelegenheit verpasst, eine neue SKZ lag schon wieder da und so blieben – vor allem die langen Artikel – ungelesen. Kürzere Artikel werden öfter gelesen und wenn mich ein Thema interessiert, kann ich es künftig online vertiefen.

Eine weitere Neuerung: Die SKZ soll praxisorientierter werden. Was heisst das konkret?

Rosmarie Schärer: Das wird für uns eine Gratwanderung sein. Die SKZ soll eine Fachzeitschrift – theologisch hochstehend – bleiben. Anderseits möchten wir in Zukunft auch die Religionspädagogen/innen und interessierte Laien ansprechen, welche nicht über ein Theologiestudium verfügen. Weiter sollen vermehrt auch Themen berücksichtigt werden, die Leute in der Praxis – zum Beispiel Religionspädagogen – interessieren.

Aus welchen Quellen schöpfen Sie?

Rosmarie Schärer:Ich werde in Kontakt bleiben mit den vielen BerufskollegInnen in der Schweiz, die in der Praxis arbeiten. Als Mentorin in Chur habe ich mit den zukünftigen Pastoralassistenten und Religionspädagoginnen zu tun. Ich bin da nahe dran und werde auch in Zukunft ein offenes Ohr für Themen haben, die die Leute aktuell beschäftigen.

Maria Hässig: Wir werden aber auch mit der Wissenschaft verbunden bleiben. Theologische und staatskirchenrechtliche Themen werden in der SKZ weiterhin stattfinden.

Ich habe mich in den letzten Tagen mit wissenschaftlichen Neuerscheinungen bei den Verlagen befasst. Das ist spannend und wird spannend bleiben. Das Thema Migration zum Beispiel. Da gibt es viele Neuerscheinungen im deutschen Raum. Wir werden aber auch verbunden bleiben mit den Universitäten in Luzern, Chur und Freiburg. Ferner werden auch Veranstaltungen und die Fachstellen der Kirche wichtige Quellen bleiben. Da sehe ich ein grosses Potenzial. Wir werden weiterhin Autorinnen und Autoren einladen, für die SKZ zu schreiben.

Die neue SKZ wird künftig von drei Frauen gemacht. Das ist bemerkenswert, weil das bisher Männersache war – wie vieles in der katholischen Kirche. Welche Botschaften vermitteln Sie als Redaktion, die ausschliesslich aus Frauen besteht? Was wird sich ändern?

Brigitte Burri: Ich habe auf den Redaktionen bis heute immer mit Männern zusammengearbeitet. Ich weiss, dass Frauen eine andere Herangehensweise haben. Männer stürzen sich zielgerichtet auf ein Thema, schauen nicht links und rechts. Frauen hingegen beherrschen – aus der Tradition als Mutter – das Multitasking. Frauen arbeiten auch zielgerichtet, haben aber ihre Ohren und Augen gleichzeitig auf andern Schauplätzen. Zudem arbeiten Frauen strukturiert und termingerechter. Wir drei Frauen werden also ein schlagkräftiges Team sein.

Werden Frauenthemen vermehr stattfinden in der SKZ?

Brigitte Burri: Ich habe das Gefühl, dass Frauen, die in der Schweiz in Kirchenberufen arbeiten, sehr anerkannt sind.

Maria Hässig: Unsere Aufgabe ist es, die Vielfalt abzubilden. Vor diesem Hintergrund werden wir uns jetzt nicht speziell auf die Frauenthemen fokussieren, sie aber sicher zur Sprache bringen.

Interview: Walter Bucher

Walter Bucher

Walter Bucher ist teilzeitlich Redaktor bei der Schweizerischen Kirchenzeitung.