«Wie durch Feuer»

Szenische Einführung zur Jan-Hus-Gedenkversammlung beim Hussenstein in Konstanz 2012 (zVg).

Der 6. Juli 1415 ist für die Kirchengeschichte eine Zäsur: "Am 6. Juli 1415 stiess Jan Hus auf dem Konzil von Konstanz, bevor er der weltlichen Gewalt überliefert wurde, bei seiner Degradation als Priester jenen Schrei aus, der gleichsam vom Zeitalter der Scholastik in das des eben beginnenden Humanismus hinüberhallt: erster Schrei eines Mannes, der die Unverdientheit und Unwürdigkeit eines menschlich- persönlichen, in der Erfahrung Gottes begründeten Schicksals weltweit geschichtlich kundtat …", so Edzard Schaper vor 50 Jahren.

Edzard Schaper fühlte sich dem Schicksal von Jan Hus aufgrund seines eigenen Lebenslaufs eng verbunden und verarbeitete dieses in einem Hörspiel. Am Institut für Ökumenische Studien der Universität Freiburg (Schweiz) wurde 2008 nicht nur eine Forschungsstelle Edzard Schaper gegründet mit dem Ziel, Leben und Werk des Schriftstellers zu erforschen, zu dokumentieren und in seiner bleibenden Aktualität ins Gespräch zu bringen, sondern im gleichen Jahr auch das Theaterstück aufgeführt, das sich auf Schapers Hörspiel "Das Feuer Christi. Leben und Sterben des Jan Hus" stützt. Auszüge aus diesem Theaterstück wurden am am 6./7. Juli 2012 in Form eines szenischen Rundgangs durch Konstanz und in einer szenischen Einführung am Hussenstein erneut vorgetragen.

Barbara Hallensleben und Simon Helbling legen nun das Theaterstück und die szenischen Lesungen im Hinblick auf das 600-jährige Gedenken der Hinrichtung von Jan Hus in Buchform vor (Barbara Hallensleben / Simon Helbling: Wie durch Feuer. Leben und Sterben des Jan Hus. Theaterstück und szenische Lesungen nach einem Hörspiel von Edzard Schaper [= Epiphania . Egregia Bd. 10]. [Aschendorff Verlag] Münster 2015, 77 S.), ergänzt mit einem Nachwort Edzard Schapers zur Hörspielfassung und Ausführungen von Barbara Hallensleben über "Jan Hus und die Kirchenreform".

Barbara Hallensleben wirft die grosse Frage auf: "Wie leben wir mit der unaufhebbaren Differenz zwischen der Gerechtigkeit Christi und den Grenzen unserer geschichtlichen Existenz?", wobei sie anmerkt, dass Wyclif und Hus keine Brücke zwischen der unsichtbaren Versammlung der Prädestinierten und der sichtbaren Versammlung der Gläubigen gefunden haben. Und weiter: "Nicht nur der Schrei des Jan Hus wird zu allen Zeiten hörbar bleiben – auch die Frage nach der Kirche und ihrer Reform, die Jan Hus uns unerbittlich stellt, wird nicht mehr verstummen. Ab jetzt kostet die Kirchenreform nichts weniger als das Leben – wenn auch nicht immer auf dem Scheiterhaufen. Ab jetzt kann man dem Feuer nicht mehr ausweichen, das Jesus bringen will" (S. 75 f.). 

Urban Fink-Wagner

Urban Fink-Wagner

Der Historiker und promovierte Theologe Urban Fink-Wagner, 2004 bis 2016 Redaktionsleiter der SKZ, ist Geschäftsführer der Inländischen Mission.