Kirchenkrise in Italien

Marco Marzano: Quel che resta dei cattolici. Inchiesta sulla crisi della chiesa in Italia. (Feltrinelli) Milano, 2012, 250 p.

Der Soziologe Marzano unternimmt eine Reise durch die vielgestaltigen katholischen Pfarreien Italiens – eher ein Erfahrungsbericht als eine akademische Studie. In Nord- und Mittelitalien trifft er grob auf drei Typen: die Pfarrei, die sich um einen charismatischen Pfarrer schart, der sich seine eigene Mini-Bewegung schafft. Dann die Pfarrei, in der die Laien eine massgebliche Rolle spielen, mit Priestern, die vom Vatikanum II inspiriert sind. Diese sind in der klaren Minderzahl. Und drittens trifft er Pfarrer, die angesichts der Säkularisierung resigniert haben und Dienst nach Vorschrift tun. Anders die Lage in Süditalien, wo die Seminare voll sind. Marzano vermutet, dass das soziale Elend hier eine kirchliche Karriere attraktiv erscheinen lässt. Auf die anders geartete Religiösität im Süden geht er nicht ein. Am Schluss recherchiert er bei Bewegungen.

Der Neokatechumenale Weg wie auch Comunione e Liberazione und andere Gruppierungen sind für den Autor Sekten, denen faktisch die Katholizität abgeht. Marzanos Fazit: Der katholischen Kirche in Italien geht es schlechter als angenommen. Es existiert zwar ein ermutigendes Leben in einzelnen Pfarreien, jedoch isoliert und ohne Unterstützung durch die Bischöfe. Jenen Pfarreien, oftmals einziger Treffpunkt in verödeten Quartieren vieler italienischer Städte, gilt die Sympathie des Soziologen.

Francesco Papagni

Francesco Papagni

Francesco Papagni ist freier Journalist. Er lebt in Zürich.