Ein pastoraler Röstigraben

In der Diözese Lausanne, Genf, Freiburg gibt es seit längerer Zeit den Dienst der Beerdigungsleiter sowie weitere Dienste, die von Laien1 übernommen werden. Doch wie sieht es in den anderen Bistümern aus?

Die SKZ hat bei den Pastoralämtern der deutschsprachigen Diözesen sowie des Bistums Sitten nachgefragt. Die Rückmeldungen zeigen die grossen Unterschiede, die in der Kirche Schweiz bestehen.
Die folgende Übersicht ist nicht abschliessend, sondern lediglich eine Zusammenstellung der Rückmeldungen der einzelnen Pastoralämter auf konkrete Fragen zu neuen Diensten in der Kirche.

St. Gallen im Wandel

Einen besonderen Weg hat das Bistum St. Gallen eingeschlagen. Dort wurde der «Prozess Neuland» gestartet. Dieser hat einerseits das Ziel, «Strukturen zu entwickeln, wie Kirche in der Nähe der Menschen gelebt werden kann, wenn es weniger Seelsorgepersonal gibt und mit geringeren finanziellen Mitteln gerechnet werden muss», und dient andererseits einer «Neuprofilierung der pastoralen Dienste und des Engagements Freiwilliger in der Seelsorge» (Werkstattbericht «Prozess Neuland»).
Die Verantwortlichen gehen von einer charismenbasierten Kirche aus, in der die Laien nicht Lückenbüsser für das Fehlen von Hauptamtlichen sind, sondern ihre je eigenen Fähigkeiten in den Aufbau der Kirche einbringen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden möglichst alle Beteiligten (Hauptamtliche, Kirchgemeinden, Pfarrei- räte, Freiwillige usw.) in den Prozess einbezogen, der sich je nach Beteiligten und konkreter örtlicher Situation unterschiedlich gestaltet. So gibt es auch für die Ausbildung und die Begleitung von Freiwilligen kein allgemein gültiges Rezept; die Ausbildung und Begleitung werden in ihrem Verlauf den konkreten Menschen und Fähigkeiten angepasst. Der Werkstattbericht erwähnt drei mögliche Aufgabengebiete: Wortgottesfeier, Gesprächsführung und Trauerbegleitung.
Die Seelsorgeeinheit Magdenau hat sich als erste auf den Weg gemacht. Begleitet wird der «Prozess Neuland» vom Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institut (SPI) St. Gallen.

Auf alten Wegen

Das Pastoralamt des Bistums Basel schreibt, dass es eine Vielfalt von freiwilligen und ehrenamtlichen Tätigkeiten kennen würde. Freiwillige werden zunehmend für ihre Aufgabe geschult (Lektorendienst, Besuchsdienst u. a.) und ihre Einsätze professionell geregelt und begleitet. Allerdings sieht es das Bistum Basel bislang nicht vor, Freiwillige für einzelne pastorale Aufgaben wie etwa den Beerdigungsdienst auszubilden und zu beauftragen.

In der kurzen Stellungnahme des Bistums Chur werden keine speziellen neuen Dienste genannt. Das Bistum Chur weist auf den Heimgruppenunterricht (HGU) hin, wie er z. B. im Kanton Zürich vorkommt. Dieses freiwillige Engagement, das mit einem hohen Aufwand verbunden ist, kann mit den «mamans catéchistes» aus dem französischsprachigen Teil der Diözese Lausanne, Genf, Freiburg verglichen werden.2

Sitten mit eigener Ausbildung

Innerhalb des Bistums Sitten wird zwischen dem deutsch- und dem französischsprachigen Gebiet unterschieden. Im deutschsprachigen Teil übernehmen Katechetinnen mit ForModula-Ausbildung neben dem schulischen Religionsunterricht auch andere Aufgaben in der Seelsorge wie voreucharistische Gottesdienste, Seniorenarbeit, Krankenbesuche oder Ministrantenarbeit. Im französischsprachigen Teil wird beim Engagement von Laien unterschieden zwischen «assistants pastoraux» mit universitärer Ausbildung, «animateurs pastoraux» mit einer Ausbildung am IFM (L’Institut de Formation aux Ministères) in Freiburg und «auxiliaires pastoraux» mit einer diözesan verantworteten Ausbildung, die den Namen «Parcours Théodule» trägt.
Beim «Parcours Théodule» handelt es sich um eine niederschwellige Ausbildung im theologischen Bereich. Sie erstreckt sich über drei Jahre und besteht aus Abend- und einzelnen Tagesveranstaltungen. Die Teilnehmenden absolvieren neben der theoretischen Ausbildung auch verschiedene Praktika in jenen Bereichen, für die sie sich interessieren. Der laufende Kurs wird gemäss Angaben des Bistums Sitten von etwa vierzig Personen besucht. Diese bereiten sich auf einen Dienst in ihren Pfarreien vor, sei es in der Pfarreikatechese, in der Mitarbeit in der Liturgie oder im diakonischen Engagement.

Die Frage der SKZ nach der Form der Beauftragung von Laien wurde nur von der Diözese Sitten beantwortet. Dies hängt damit zusammen, dass es nur dort eine spezielle Ausbildung gibt. Die Absolventen des «Parcours Théodule» erhalten vom Bischof eine Teilnahmebestätigung. Der Generalvikar für den französischsprachigen Teil erteilt dann das «nihil obstat» für eine Tätigkeit als «auxiliaire pastorale». Er reagiert damit auf konkrete Anfragen aus den verschiedenen Pfarreien.

Freiwillige entschädigen?

In allen befragten Diözesen erhalten jene Frauen und Männer, die freiwillig resp. ehrenamtlich arbeiten, grundsätzlich keine finanzielle Entschädigung. Der freiwillige Dienst sollte dabei sechs Stunden pro Woche nicht überschreiten (Basel und St. Gallen). In Sitten werden Ehrenamtliche in einigen Kirchgemeinden entlöhnt; das Anstellungspensum darf in diesen Fällen 50 Prozent nicht überschreiten. St. Gallen macht in diesem Zusammenhang auf die Gefahr aufmerksam, dass bei einer finanziellen Entschädigung für Ehrenamtliche die kirchlichen Berufe mit ihren eigens erworbenen Kompetenzen (Studium oder Ausbildung) entwertet werden.
Diese Ausführungen zeigen, dass die Situation bezüglich neuerer kirchlicher Dienste für Laien in der deutschsprachigen Schweiz im Moment sehr unterschiedlich ist. In St. Gallen ist der Prozess in Richtung charismenbasierte Kirche in vollem Gange. Was für Dienste oder Aufgaben daraus erwachsen werden, ist noch nicht klar.

Das Bistum Basel sieht sich mit einem zunehmenden Mangel an qualifiziertem theologischen und religionspädagogischen Personal konfrontiert. Die Bistumsleitung überlegt sich deshalb eine Zusatzqualifizierung für Frauen und Männer, die als Religionspädagogen RPI oder Katechetinnen ForModula bereits im kirchlichen Dienst stehen; diese könnten so ihr Aufgabenfeld erweitern. Diese Überlegungen erfolgen in Absprache und teilweise auch in Zusammenarbeit mit Verantwortlichen anderer Bistümer der Schweiz sowie mit den theologischen Bildungsinstitutionen. Noch ungeklärt ist, um welche Zusatzqualifikationen für welche spezifischen Dienste es sich dabei handeln könnte.
Im Bistum Chur erlaubt es die finanzielle Situation, die meisten Stellen mit voll ausgebildeten Personen zu besetzen. Aus diesem Grund ist die Einführung von neuen Diensten noch kein Thema.
Rosmarie Schärer

1 Unter Laien werden hier Menschen ohne theologische Ausbildung verstanden, die für eine ganz bestimmte Aufgabe ausgebildet und beauftragt werden.
2 Siehe dazu Artikel «Gnadengaben konkret umgesetzt» (Vollversion auf www.kirchenzeitung.ch).